Yves Saint Laurent sitzt auf einem goldenen Stuhl, ein Bein vorgestreckt, darauf die rechte Hand mit der Zigarette gestützt, den Blick abgewandt. Ein paar Stühle weiter hockt Moujik III, die geduckte Gestalt einer französischen Bulldogge. Der schwere Atem des Hundes begleitet rhythmisch die schleppenden Worte seines Herrn. Saint Laurent spricht von seiner Kindheit an der algerischen Küste vor dem Unabhängigkeitskrieg, davon, wie sein Vater ihn vergöttert hat, und von den schönen Frauen, die ihn stets umgaben. Nie wieder sei er später so glücklich gewesen wie in dieser Zeit. Die Gegenwart der Vergangenheit zu zeigen war einer der Hauptbeweggründe des jungen Filmregisseurs David Teboul, als er im November des Jahres 2000 die Avenue Marceau betrat, um einen der letzten Großen in der Haute Couture zu porträtieren. Der 34-jährige Teboul hat erst wenige Filme gemacht. Und doch hat der schüchterne Yves Saint Laurent ausgerechnet ihm und nur ihm ein langes Interview gegeben und ihm monatelang Zugang zu den Ateliers und privaten Archiven gewährt. Warum? Weil er mit dem nüchternen Konzept eines Kunstfilms die nüchterne Arbeit eines Künstlers zeigen wollte, sagt der Regisseur, «nicht die Mode und nicht den Glamour». Das Starmodell Laetitia Casta ist zwar im Vorspann genannt, taucht im Film aber nur in der letzten Szene auf. Auch das Privatleben des Couturiers interessierte Teboul nie. Herausgekommen sind zwei Filme eine Biografie und ein Werkstattbericht. Der erste Film Le temps retrouvé erinnert im Titel bewusst an Proust, den Lieblingsautor Saint Laurents. Unkommentiert reihen sich hier die Erzählungen der Mutter, der Freunde und engsten Mitarbeiter aneinander. Die Beerdigung Christian Diors, auf der er seinen langjährigen Lebens- und Geschäftspartner Pierre Bergé kennen lernt, der legendäre Smoking für die Frau aus seiner Kollektion von 1966, die sensationelle Eröffnung der ersten Boutique für Pret-à-porter werden als Fernsehausschnitte zitiert. Entstanden ist die Collage eines Lebens ohne Jugend; das Porträt eines Liebhabers von Dekadenz, die Umbruch ankündigt; eines Revolutionärs, der zum Klassiker wird. Schließlich kommentiert Saint Laurent selbst mit berührender Melancholie die Bilder seines Lebens, vertraut Teboul sein fast schon körperliches Leiden an seiner Arbeit an, die ihm auch nach Jahrzehnten noch nicht leicht von der Hand geht. (Katharina Born)
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Details
- Regie
- David Teboul
- Kamera
- Philippe Pavans de Ceccaty, Helene Louvart
- Author
- David Teboul
- Verleih
- Doc & Film