«Yaz tura», das heißt Kopf oder Zahl, und da dieser Film von zwei Veteranen des Kurdenkrieges erzählt, die 1999 auf unterschiedliche Weise psychisch und physisch gehandicapt zurückgekehrt sind, ist es egal, auf welche Seite die Münze fällt: Rdvan, ein ehemaliger Fußballspieler, kehrt ohne Bein in sein anatolisches Dorf zurück, wo er gemieden wird, auch von seiner Braut; und Cevher, ein Istanbuler Kleingangster, kann auf einem Ohr nichts mehr hören und ist schwer klaustrophobisch. Rdvan trinkt, Cevher ist kokainsüchtig. Und die Einsamkeit ist in der kargen winterlichen Einöde des Dorfes genau so entsetzlich wie in der quirligen Millionenstadt am Bosporus die man allerdings fast nur bei Nacht sieht. Die beiden Männer, die der Krieg zusammengeschweißt hat, verlieren sich im Zivilleben aus den Augen, ihre Geschichten werden nacheinander erzählt und schließlich wieder miteinander verknüpft. Am Ende weiß man, was die beiden traumatisiert hat. Der Filmemacher Ugur Yücel ist einer der beliebtesten türkischen Komödiendarsteller, auch als Stand-up-Komiker im Fernsehen hat er sich einen Namen gemacht. In seinem Spielfilmdebüt als Regisseur gibt es nichts zu lachen; es ist ein bitteres Drama, das mit jeder Wendung des Plots noch bitterer wird; und wenn man an berühmte Veteranenfilme wie William Wylers The Best Years of Our Lives (1945), Michael Ciminos The Deer Hunter (1978) oder Hal Ashbys Coming Home (1978) denkt, dann passt Yaz tura durchaus in diese Reihe, nur dass nirgendwo auch nur ein Fünkchen Hoffnung auftaucht. Ugur Yücel, der auch das Drehbuch geschrieben hat, zeigt, dass niemand aus einem Krieg unbeschadet hervorgeht, ohne sich auf Täter und Opfer festzulegen. Und dass in der Zivilgesellschaft für traumatisierte Veteranen keinen Platz ist: weil in ihnen Schuld und schlechtes Gewissen personifiziert sind. Und weil sie Sand ins Getriebe des kollektiven Verdrängungsprozesses schmeißen in der Türkei genau so wie überall auf der Welt. (Daniela Sannwald)
(Text: Viennale 2005)
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Details
- Regie
- Ugur Yücel
- Kamera
- Baris Ozbiçer, Ahmet Emre Tanyldz, Tayfun Çetindag, Roy Kurtluyan
- Author
- Ugur Yücel
- Musik
- Erkan Ogur