Ein idyllisches Tal in Tennessee Mitte der 30er Jahre: Montgomery Clift bekommt als ehrgeiziger Beamter der Roosevelt-Regierung den unangenehmen Auftrag, eine steinalte Matriarchin zum Verlassen der von ihr und ihrer Familie seit sechzig Jahren bewohnten Flussinsel zu zwingen, um den geplanten Staudamm am Tennessee-River fertigstellen zu können. Die Tennessee Valley Authority will mit dem Damm sowohl Elektrizität gewinnen als auch Überschwemmungen verhindern. Doch die Familie weigert sich, ihre Insel zu verlassen. Die Art, in der Clift und Lee Remick als Paar zueinander finden, ist eine der ungewöhnlichsten in der Filmgeschichte Hollywoods. 1960 hatte Clift nur noch eine zaghafte und fast total passive Ausstrahlung als Schauspieler. Es ist schwer zu glauben, dass Kazan nicht erkannte, dass sein Hauptdarsteller damit die traditionelle Schilderung einer heißen Filmromanze total sabotieren würde. Einmal geht Remick das Risiko einer Demütigung ein, indem sie dem völlig zurückhaltenden Clift ihre leidenschaftliche Liebe gesteht. Als er sie mit Schweigen zurückweist, wirft sie sich auf ihn, als würde sie ihn mit der Kraft ihres Begehrens überwältigen wollen. Dies ist (mit Ausnahme der so genannten Screwball Comedies) einer der wenigen Momente im Kino Hollywoods, in dem einem «guten» Mädchen gestattet wird, sexuell aggressiv zu sein. In der Schlussszene fliegen Remick und Clift frischvermählt dann über den nun vollendeten Damm: Die Institutionen der sogenannten «New Deal»-Demokratie (mit Franklin D. Roosevelt als im Off des Films befindlichen Patriarchen) haben sich durchgesetzt. Der Fluss wurde unter Kontrolle gebracht, das Matriarchat abgesetzt, und Remick hat zu ihrer eigenen Unterdrückung beigetragen. (Amy Taubin)
(Text: Viennale 2005)
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