VIEL POT - WENIG PLOT
So viel Aufregung und Unannehmlichkeiten wegen ein bisschen Gras? Da es sich dabei aber nicht um das harmlose Grün sondern um eine wesentlich gewinnbringendere Substanz handelt, ist der tollkühne Plan des Kleindealers David zwar möglicherweise zum Scheitern verurteilt, aber durchaus gerechtfertigt. Weil er bei seinem Lieferanten tief in der Kreide steht, muss David für den Mann ( Ed Helms, der verklemmte Zahnarzt aus Hangover, in einer ungewohnt fiesen Rolle) eine Riesenladung Drogen aus Mexiko einschmuggeln.
Damit die Transaktion möglichst unauffällig über die Bühne geht, sucht sich der bedrängte Kleinkriminelle drei weitere Verlierertypen - eine Stripperin, eine abgebrühte Herumtreiberin sowie einen schüchternen jungfräulichen Teenagerjungen aus der Nachbarschaft und bildet mit diesen seltsamen Bundesgenossen eine fiktive Familie namens Miller. Am Independence Day bricht das schräge Quartett in einem Dinosaurier von Wohnmobil für ein langes Wochenende zu einem gefährlichen Trip nach Mexiko auf.
Bei der Rückreise wird ihr Gefährt bis an die Kühlerhaube mit Marihuana vollgestopft sein und selbst wenn sie damit unbehelligt über die Grenze gelangen, haben sie noch immer einen mordlüsternen mexikanischen Drogenbaron und dessen überdimensionalen einäugigen Handlanger am Hals; aber die größten Probleme bereiten sie einander natürlich selbst. Weil sie so sehr mit dem pseudo-familiären Gerangel beschäftigt sind, kommt die Krimi-Komödie nur noch am Rande zum Einsatz, und auch für ein rasantes Roadmovie bleibt nicht viel Zeit. Die Story gefällt sich die meiste Zeit über eher im Ausreizen von Witzen auf Jackass-Niveau; der Ton wird hier durch Hoppala-Videos auf Youtube angegeben, mit denen der Film beginnt (und er endet bezeichnenderweise mit ziemlich zahmen Outtakes).
Als Kontrastprogramm treffen die falschen Millers alsbald auf die all zu echten Fitzgeralds, das Vorzeigeexemplar einer amerikanischen Spießer-Familie voll naiver Aufrichtigkeit, obendrein patriotisch, gottesfürchtig, unheimlich hilfsbereit und extrem verklemmt, woraus sich dann in einer nächtlichen Zelt-Szene ein paar jugendfreie erotische Verwicklungen ergeben. Da wirkt ja ein ebenfalls jugendfreier Strip, den Jennifer Aniston hinlegt, direkt noch als große Auflockerung. Ein Tarantelbiss in den Hodensack hingegen ergibt - abgesehen von einer bösen Schwellung und einem Krankenhausaufenthalt für den jungen Unglückswurm - für uns ein paar weitere Filmminuten voll untergründiger Unterhaltung. Mit ähnlich infantilen Witzen geht es leider fast nonstop weiter (beim Pictionary-Spiel vor dem Lagerfeuer hält man die Zeichnung eines Skateboards für ein großes schwarzes Gemächt und rät auf Black Dick Down) und es dauert auf diese Weise ganz schön lange, bis der im Egoismus geübte Dave endlich eine Wandlung zum verantwortungsbewussten familientauglichen Typen durchmacht. Dabei erhält er auch offizielle Unterstützung, denn so ein Zeugenschutz-Programm kann eine ziemlich familienstiftende Sache sein.
Jennifer Aniston und Jason Sudeikis hatten bereits in der Komödie Kill the Boss gemeinsam vor der Kamera gestanden und kommen als Schauspieler offensichtlich bestens miteinander zurecht. Ihre gute Laune überträgt sich bei dieser recht uneinheitlichen und zerfasernden Story aber nur zaghaft auf uns. Ein kleiner Trost: wirklich lustig dürfte es zumindest hinter der Kamera zugegangen sein. Die amerikanisch-mexikanische Grenze wurde auf einer Autobahn nachgebaut und sah so echt aus, dass eine ahnungslose Passantin bremste, ausstieg und in Tränen ausbrach, weil sie glaubte, sich verfahren zu haben und auf irgendeine Weise bis an die mexikanische Grenze gelangt zu sein.
6 von 10 Familienpackungen Pot.