Mit seinem dritten Film bestätigt sich Jia Zhangke als einer der bedeutendsten Gegenwartsregisseure. Eine elektrisierende Studie der Langeweile, Wurzellosigkeit und scheiternden Selbstverwirklichungsstrategien von knapp Zwanzigjährigen in China, dank Geburtenkontrolle allesamt Einzelkinder, entwirft der Film mit schonungslos unsentimentalem Blick. Die Beschränkungen von Digitalvideo für leicht ins Surreale gesteigerte Farben und agile Kameraarbeit nutzend, erzählt Unknown Pleasures von drei Slackern, von denen zwei in die Kriminalität, eine in die Prostitution abgleiten. Dem fatalistischen Blick auf die chinesische Gegenwart im Jahr 2001 werden geduldig beobachtete Momente mühsam unter Ausdruckslosigkeit verborgener Verzweiflung und träumerischer Weltflucht in Fernsehbilder und Popsongs gegenübergestellt. Der Originaltitel Ren xiao yao verdankt sich einem populären Schlager: «Ich folge dem Wind, frei von allen Zwängen.» Am Ende singt ihn, brüchig, der Junge allein: Ein schrecklicher Trost angesichts der ungewissen Zukunft; das Wiegenlied, bevor der Alptraum weitergeht. (Christoph Huber) Wirkt das kapitalistisch infiltrierte oder schon: perforierte Universum des Jia Zhangke und das seiner jugendlichen Loser eigentlich noch fern? Zwischen Lotto und Fernsehen, Billard und Handypiepen, PR-Rummel für Schnapsfirmen und Nächten in der Techno-Disco? In Unknown Pleasures werden zwar neue Autobahnen eröffnet, aber für die Jungs aus den kaputten Fabriksiedlungen, die Jungs auf ihren roten Mopeds, mal mit Freundin, mal ohne sie, gibt es keinerlei Zukunft. Einmal sagt einer der jugendlichen Helden, und er könnte sich direkt aus einem frühen Godard-Film in die chinesische Provinz hinübergebeamt haben: «Wozu lange leben? 30 Jahre, das reicht.» (Jan Schulz-Ojala)Länge: 113 Minuten
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Details
- Regie
- Jia Zhangke
- Kamera
- Yu Lik Wai
- Author
- Jia Zhangke