Ein Karnevalsball - das ausgelassene Treiben der Menschenmassen senkt die individuellen Hemmschwellen. Die kesse Pixi, ein Girl vom «Flapper»-Typus, hat es auf den Generaldirektor Werner Roettlinck abgesehen, der seiner Frau Renée (Nora Gregor) gestehen muss, dass ihn das Abenteuer unwiderstehlich anzieht. Die distinguierte Renée wahrt die Contenance und gibt den Gatten für diese Nacht frei. Sie ist nun ihrerseits zum Opfer eines falschen Fürsten prädestiniert, der hinter ihren Juwelen her ist. Doch die Polizei ist zur Stelle. Ernüchtert und enttäuscht kehrt Renée zurück in die heimische Villa, wo das gewohnte Leben wartet. Auch Walter hat keinen Ehebruch begangen, und so ist nichts passiert. Der Alltag danach sieht dennoch reichlich grau aus. Joe Mays Regie hat hier ein seltsames, aber sehenswertes Konglomerat aus Konversationsstück und Experimentalfilm hervorgebracht: Die Inszenierung des Kostümballs zu Beginn, fotografiert mit geradezu anarchisch entfesselter Kamera, feiert die neueste Tonfilmtechnik gleichsam mit allen Mitteln, macht aber auch die hässlichen Seiten des ungezügelten kollektiven Begehrens sichtbar. Bemerkenswert auch das «voyeuristische» Arrangement der Verführungsszene, das ebenfalls den Ton als Attraktion ausstellt. Die Intimitäten des Paares werden doppelt kontrolliert, einerseits lauscht ein Komplize ungeduldig an der Wand, andererseits hört die Polizei mit, die zuvor in der Suite «seiner Hoheit» eine Abhöranlage installiert hat, um im entscheidenden Moment einzugreifen.
(Text: Viennale 2008)
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