ÜBERLEBENSKAMPF IM NASSEN REICH DER ERDE

Da der volle Filmtitel eigentlich „ James Cameron’s Sanctum in 3D“ lautet, liegt der Verdacht nahe, dass wieder einmal ein großer Name als Lockmittel gebraucht werden soll. Und tatsächlich klingt der Name des „Titanic“ und „Avatar“-Schöpfers einfach besser und aussagekräftiger als Alister Grierson, der hier für die Regie verantwortlich zeichnet. Immerhin investierte der leidenschaftliche Hobbytaucher Cameron als ausführender Produzent sein Geld in ein Projekt, das innovative 3D-Aufnahmen einer faszinierenden Unterwasser-Höhlenwelt verspricht.

Hauptproduzent Andrew Wight und sein Freund Cameron hatten bereits die beiden Dokus „Aliens der Meere“ und „Die Geister der Titanic“ miteinander realisiert und sich dabei eines neuartigen Kamerasystems bedient, das selbst unter extremsten Bedingungen tadellos funktioniert. Ehe Cameron nun darangeht, in einem zweiten „ Avatar“-Teil die Meereswelt des fernen Planeten näher zu erforschen, sollte das technische Equipment wohl noch einem eher irdischen Härtetest unterzogen werden.

Ein Team von Höhlentauchern wird bei Erforschung eines der weltweit größten und unzugänglichsten Höhlensysteme in Papua-Neuguinea unter dem Meeresspiegel eingeschlossen, da oberirdisch ein Unwetter wütet und sucht fortan in einem verzweifelten Wettlauf gegen die Zeit nach einem Ausweg, um dem Labyrinth wieder zu entkommen. Ein Fluss, der wohl direkt ins Meer mündet, scheint ihre einzige Rettung zu sein und so beginnt ein Tauchgang ins Ungewisse.

Das Skript beruht auf einem wahren Erlebnis des professionellen Unterwasser-Abenteurers Wight, der Ende der 80er Jahre bei einem australischen Höhlentrip in eine ähnliche Notlage geriet, wobei er und seine 14 Begleiter durch eine Rettungsmission befreit werden konnten. So glimpflich wird es für die Betroffenen im Film nicht laufen: einfach abzuwarten und Hilfe von „Außen“ zu erhoffen, würde keine richtige Dramatik aufkommen lassen und so schraubt das Drehbuch mit steigenden Schwierigkeiten auch die Spannung stetig höher.

Zumindest klingt die erfundene Geschichte gar nicht abwegig, sondern es wäre eher unglaubwürdig, wenn in dieser menschenfeindlichen Umgebung alles glatt gehen würde. Einem der Eingeschlossenen macht die Taucherkrankheit zu schaffen, eine andere Abenteuerlustige hat noch nie einen Tauchgang absolviert und ist obendrein unpassend gekleidet; außerdem wird die gemeinsame Suche nach einem Ausweg durch Panik und Anfälle von Selbstsucht der Beteiligten erschwert.

Doch etwas noblere Anwandlungen gibt es auch, denn ein junger Taucher nutzt die Zeit während ihres Überlebenskampfes dazu, seine krisenhafte Beziehung zum eigenen Vater, dem erfahrenen aber unzugänglichen Experten, der die Expedition leitet, wieder einzurenken: erst in dieser Ausnahmesituation beginnt er ihn als Mensch mit all seinen Stärken so richtig wahrzunehmen (und nimmt diese neue Einsicht möglicherweise mit in ein nasses Grab).

Und wer ist nun Alister Grierson? Ein junger Australier, der mit dem Kriegsdrama „Kokoda – Das 39. Bataillon“ einen der erfolgreichsten Filme des Jahres 2006 in seinem Heimatland inszeniert hat und somit alle Voraussetzungen erfüllte, die an den gesuchten Regisseur gestellt wurden: er musste ein relativ Unbekannter aber kein völliger Neuling im Filmgeschäft sein. Mit „Sanctum“ hat er eine absolut sehenswerte Großproduktion vorgelegt und wir sollten die Gelegenheit nutzen, mittels 3D direkt vom Kinosessel in feuchte Erdentiefen abzutauchen. Wer hier den Atem anhält, tut das bestimmt nicht wegen zu Ende gegangenem Sauerstoffvorrat, sondern weil ihm vor Spannung die Luft wegbleibt, was 8 von 10 möglichen Luftblasen aus einem defekten Sauerstoffgerät rechtfertigt.