Trash im Film
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Trash im Film
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Stanley Kubrick, Orson Welles, Federico Fellini, Akiro Kurosawa und wie sie alle heißen - das ist das eine Ende der Skala. Am anderen Ende stehen so vielsagende Verleihtitel wie "Billy the Kid vs. Dracula",

"Ein Zombie hing am Glockenseil" oder "Godzilla - Kampf der Saueriermutanten". Kunst auf der einen Seite, Trash auf der anderen.

Trash das ist mehr als einfach nur ein schlechter Film. Trash ist Antikunst als Kunst - ein Fest der Geschmacklosigkeit, eine ekstatische Absage an die bildungsbürgerlichen Werte. Wo in der klassischen Tragödie die Reinigung der Seele angestrebt wird, steht im Trash-Film das "guilty pleasure": Die Lust am Abartigen, am Sensationellen um seiner selbst Willen, am Schockierenden, am Geistlosen an "Unterhaltung unter Niveau", kurz: an all dem, was uns in unserer guten Kinderstube ausgetrieben worden ist. Was ein ordentlicher Trash-Film sein will, der hinterlässt nach erfolgtem Konsum ein dumpfes Schuldgefühl. Schlechtes Gewissen darüber, eineinhalb Stunden kostbare Lebenszeit unwürdig vertan zu haben.

Der Umgang mit Trash erfordert eine gehörige Portion Ironie als Zugeständnis an den offiziellen Geschmackskanon. Schlechte Filme ohne jede Ironie sind einfach schlecht. Schlechte Filme mit auch nur einen Funken Selbstironie haben das Zeug zum Kultstatus. Trash beginnt dort, wo mit schlechtem Geschmack kokettiert wird und endet dort, wo schlechter Geschmack zum künstlerischen Stilmittel wird. Trash ist das Gebiet zwischen Ed Woods unschlagbarem "Plan 9 from Outer Space" und John Waters Ekel-Klassiker Pink Flamingos".

Es gibt unzählige Fansites, die sich dem Trash-Film widmen. Zumeist konzentrieren sie sich auf italienische Hardcore-Horror-Filme aus den 70er und 80er Jahre. Das Feld des Trash ist aber um einiges vielfältiger. Im folgenden einige willkürlich ausgwählte aber typische Genres des Trash:

Exploitation-Movies:
In den 30er und 40er Jahren war ein Großteil der US-amerikanischen Kinos im Besitz der großen Filmgesellschaften und wurden ausschließlich mit deren Produkten bespielt. Einzelne unabhängige Kinos hatten kaum die Möglichkeit, an die großen Blockbuster heranzukommen, und wenn doch, dann erst Monate nachdem sie in den großen Kinos gelaufen waren. Um das Publikum dennoch anzulocken, konzentrierten sich die unabhängigen Kinos darauf, zu zeigen, was Hollywood nicht zeigen konnte oder wollte: Sexualität, Prostitution, Drogenmißbrauch und Geisteskrankheit. Notdürftig wurden diese reißerischen Themen in eine "aufklärerische" Handlung eingebunden, die vorgab, vor den teuflischen Auswirkungen des Marihuanagenusses zu warnen oder liebenden Ehefrauen Ratschläge zu erteilen, wie sie ihre erotischen Reize steigern können . Das Publikum kam in Scharen, unter dem Vorwand, sich belehren und erziehen zu lassen.

Nach Abschaffung des 1922 eingeführten "Motion Picture Production Code", der genau festlegte, was in Hollywood-Filmen gezeigt werden durfte und was nicht, wurde auch im Mainstream-Kino freier mit "exploitativen" Themen umgegangen. Off-Hollywood Filmemacher sahen sich gezwungen, noch stärkeren Tobak einzusetzen: Es kam die "Sexploitation-Welle", die in den frühen 60er Jahren mit harmlosen Nudistenfilmen begann, sich mehr und mehr auf die Kombination von Sex mit Gewalt konzentrierte um schließlich im Porno-Business aufzugehen.

Kaiju Eiga, der japanische Monsterfilm:
Als Reaktion Science-Fiction- und Monsterfilme wie "King Kong" oder "The Beast from 20.000 Fathoms", die in Amerika große Kassenerfolge waren, sann man in Japan auf eine Möglichkeit, wie am an diesen lukrativen Zug aufspringen könne. Resultat dieser Überlegungen war der Film "Gojira" oder - in der internationalen Version - "Godzilla". Um schnell produzieren zu können und Kosten zu sparen, schenkte man sich das zeitraubende Stop-Motion-Verfahren, mit dem die Monster der amerikanischen Filme zum Leben erweckt wurden. Statt dessen steckte man einfach einen Schauspieler in ein Gummikostüm, das nach Vorbild prähistorischer Saurier gestaltet war, und ließ ihn eine sorgsam aufgebaute Modellstadt zertrampeln. Gut eingesetzte Sound- und Schnitteffekte sorgten dafür, dass das Ganze halbwegs realistisch aussah. Gojira wurde 1954 in Japan zu einem Sensationserfolg. In zahllosen Fortsetzungen gesellten sich bald neue Monster und Ungeheuer zum tapsigen Saurier. Die billigen Spezialeffekte, anfangs als Verlegenheitslösung gedacht, wurden bald zum Markenzeichen mit hohem Wiedererkennungswert. Kaiju Eiga, der japanische Monsterfilm war geboren.

Stand der erste "Godjira"-Film noch im Zeichen des Traumas, den der Abwurf der beiden Atombomben auf Japan ausgelöst hatte, so kam im Laufe der Zeit der ernste Hintergrund bald abhanden. Die düstere Schwarzweiß-Atmosphäre des ersten Godzilla-Streifens wich bald bunten, kindergerechten Versionen. Dem Publikum war's gleich, und Gojira erlebte im Lauf der Jahrzehnte mehrere Comebacks. Roland Emmerichs Hollywood-Großprojekt Godzilla entlehnt zwar den Hauptdarsteller der japanischen Vorlage, mit dem Charme, den die billigen Effekte der originalen Gojira-Filme verbreiten, hat er allerdings nichts mehr gemein.

Giallo - Pulp Fiction auf Italienisch
Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen in Italien Thriller- und Horror-Paperbacks auf den Markt, deren gemeinsames Kennzeichen der gelbe Einband war. "Giallo", das italienische Word für gelb wurde später auch auf jene Filme angewandt, die direkte Fortsetzung dieser "Pulp Fiction" standen. Zu Beginn der 60er Jahre waren diese Filme atmosphärische Thriller in der Tradition der deutschen "Edgar-Wallace"- Filmreihe (ein eigenes Trash-Genre für sich). Als 1968 George A. Romeros Zombie-Horrorfilm "Night of the Living Dead" in die Kinos kam, traten die italienischen Giallos in dessen Fußstapfen. Es entstanden der extrem gewalttätige Euro-Trash, Zombie- und Kannibalenfilmem, die vor allem durch das Zurschaustellen blutiger Zerstückelungen menschlicher Körper Aufsehen erregten. Diese billigst produzierten Massenwaren profitierten von der extrem locker gehandhabten europäischen Filmzensur in den 70er Jahren. Als sich das Kinopublikum an Filmen wie " Zombies unter Kannibalen" endgültig satt gesehen hatte, und in den 80er Jahren die Zensur strenger wurde, war dies das Ende der "harten Horrorfilmwelle".

Spaghetti-Western:
Als mit der Verbreitung des Fernsehens in Amerika die Produktion der vormals in Massen abgekurbelten B-Western sank, war in Europa der Western nach wie vor ein äußerst beliebtes Genre. Um den Bedarf abzudecken, entschieden sich europäische Produzenten, eigenhändig Western zu produzieren. Eine der ersten Hervorbringungen dieser Art war 1962 die Karl-May-Verfilmung "Der Schatz im Silbersee", dessen Erfolg eine ganze Reihe weiterer Karl-May-Adaptionen nach sich zog. Der erste eigentliche Italo-Western, oder "Spaghetti-Western" , wie das Genre bald halb spöttisch, halb liebevoll genannt wurde, war 1964 Sergio Leones "Für eine Handvoll Dollar". Als hätte man damit plötzlich eine Goldgrube entdeckt, folgten zahllose Rip-offs, zumeist als italienisch-deutsch-spanische Koproduktionen. Während man jedoch den Giallo ohne zu zögern samt und sonders in die Trash-Kiste werfen kann, ist dies beim Italo-Western nicht so ohne weiteres möglich. Nicht nur dass die Filme des "Vaters des Spaghetti-Western" Sergio Leone inzwischen auch von der seriösen Filmkritik als Meisterwerke gewürdigt werden, einige der heute vergessenen Regisseure versahen ihre Western mit politischer Message . In Nachbarschaft zum italienischen Kunstfilm verpackten sie ihre Botschaft in ein populäres Genre um so jene Massen zu erreichen, die für einen Bernardo-Bertolucci-Film kaum zu haben gewesen wären.

Trash als Kunstkino:
Ein schwer einzugrenzendes Genre. Generell gesagt: All jene Filme, mit denen der jeweilige Filmemacher alle Erwartungen, die an Filmkunst und guten Geschmack geknüpft werden, bewusst unterläuft, ohne in erster Linie an die Einspielergebnisse zu denken. (Eine Negativ-Definition, die den Vorteil hat, den umstrittenen Begriff "Kunst" auszuklammern). Hierzu gehören die Underground-Movies aus der Werkstatt des Pop-Art Künstlers Andy Warhol Trash" 1970) oder die Filme des "Königs der Geschmacklosigkeit" John Waters, bevor er sich dem Mainstream verschrieb. ("Pink Flamingos" 1972).

Trash als Kunst - hier berühren sich die beiden Extreme der Skala. Die Schlange beißt sich in den eigenen Schwanz und die vorläufige Definition von "Trash" als Gegenstück zum künstlerisch wertvollen Film zerplatzt. Auch in Hollywood lösen sich die Grenzen zwischen Trash und dem sich allen Publikumsschichten anbietenden Mainstream-Kino zunehmend auf. Postmoderne Regie-Ikonen wie Quentin Tarantino oder Tim Burton ironisieren in Filmen wie "Pulp Fiction" oder " Mars Attacks" die ehemalige "Schundfilm"-Tradition und machen sie dadurch salonfähig.

In den Videotheken stehen sie noch auf den Retgalen: die billigen, spekulativen Reißer mit den knalligen Titeln. Im Kino dominiert das Budget, auch wenn die Absicht die gleiche ist: Das Publikum mit Sensationen und Attraktionen anzulocken. Und wer will schon um satte 100 Schilling pro Eintrittskarte einen Film sehen, dessen Haupteigenschaften seine geringen Produktionskosten und seine knapp bemessene Drehzeit ist?



Die Top 10 Trash Filme nach Richard Corliss (Time-Magazine):


Faster, Pussycat! Kill! Kill! (R.: Russ Meyer, USA 1966)
Therese und Isabelle (R.: Radley Metzger, BRD 1968)
Maniac (R.: Dwain Esper, USA 1934)
Plan 9 from Outer Space (R.: Edward D. Wood Jr., USA 1958)
Blood Feast (R.: Herschell Gordon Lewis, USA 1963)
Hot Spur (R.: Lee Frost, USA 1968)
Fishke der Krumer (R.: Edgar G. Ulmer, USA 1939)
The Touch of Her Flesh (R.: Michael Findlay, USA 1967)
A Daughter of the Congo (R.: Oscar Micheaux, USA 1930)
Bad Girls Go to Hell (R.: Doris Wishman, USA 1965)


Ausgewählte Links:

Die 100 schlechtesten Filme aller Zeiten nach Imdb-User-Wertung

Rolf Giesen: Invasion des Wahnsinns. Die schlechtesten Science-Fiction Filme

Die cineastischen 4: empfehlenswerte Trash-Fansite unter besonderer Berücksichtigung der "Deutschtümelei".

Mr. Sleaze Umfangreiche Site mit den Schwerpunkten Horror und Thriller

Imagesjournal Filmmagazin mit großer Trash-, Exploitation und Western-Abteilung (in English)

Euro Trash Filmzone Überblick über die Genres Euro-Gore, Crime und Spaghetti-Western (in English)

Spaghetti Westerns in America (in English)

Kaiju Eiga - der japanische Monsterfilm: Alles über Gojira, Radon,. Mothra und Konsorten

Blaxploitation-Cinema - nicht wirklich Trash, aber in gewisser Hinsicht die Fortsetzung des Exploitation Cinema. (in English)


Pink Flamingos Homepage

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