Die Geschichte ist so alt wie das Kino: Aus Faszination und Langeweile verliebt sich eine Pariser Kunststudentin aus gutbürgerlichem Haus in einen jungen, geheimnisvollen Gangster. Nach einem missglückten Banküberfall kommt sie ihm zu Hilfe und findet sich als seine Komplizin wieder auf einer aussichtlosen Flucht quer durch Europa. Was bei anderen zu einer mittelmäßigen Genreübung verkommen wäre, stilisiert Benoît Jacquot zu einer grandiosen, mit-reißenden Ballade an der Grenze zwischen Tag und Nacht, zwischen Leben und Tod. Die Idee zu A tout de suite kam Benoît Jacquot beim Fernsehen in einem amerikanischen Hotelzimmer Menschen berichteten über Begegnungen, die ihrem Leben eine entscheidende Wendung gegeben hatten. Unter ihnen war eine Frau aus gutem Hause, die in den 1970er Jahren mit einem jungen Gangster durchgebrannt war. Doch Jacquot hat daraus keine Neuauflage von Badlands, kein Remake von Bonnie and Clyde oder Pierrot le fou gemacht, sondern einen mit schlichten Mitteln gedrehten Schwarzweiß-Film, der sich ganz auf die Seelenlandschaft seiner Protagonistin konzentriert. Mit vollem Risiko stürzt sie sich in das Abenteuer an der Seite eines Unbekannten, von dessen Aura eines Spielers und Gesetzlosen sie fasziniert ist. Jacquot beobachtet seine Protagonistin stets in Großaufnahmen und zugleich mit großer Diskretion eine Figur wie aus einem Roman, die auf der Flucht vor der Polizei zuerst die Freiheit und dann die Angst kennen lernt. Nur ihr Off-Kommentar gibt ein paar bruchstückhafte Informationen über ihre Gefühlswelt so wie die Zeichnungen, die sie von den Stationen und Begegnungen ihrer Reise anfertigt. Und je länger diese Flucht dauert, je größer ihre Isolation in der fremden Großstadt Athen wird, desto weniger scheint dieses Mädchen ihre Gefühle preiszugeben. (Martin Rosefeldt)
(Text: Viennale 2004)
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Details
- Regie
- Benoît Jacquot
- Kamera
- Caroline Champetier
- Author
- Benoît Jacquot, Elisabeth Fanger