Da ist zunächst einmal Sulla selbst, die Hauptfigur: seine Erscheinung und seine Art sich zu bewegen, sein Bewegen der Steingruppen, sein Liegen, sein Gang zum Lager, sein Masturbieren, sein erstauntes Betrachten der Welt, und natürlich der peinliche Moment, in dem er merkt, dass er von Aemilius beim Wichsen beobachtet worden ist. Dann ist es natürlich das, was er betrachtet: die Pinien, die Arten der Zapfen an den Pinien, das Zwitschern der Vögel, das Geräusch des Windes in den Pinien, das Vogelnest, Wolkenbildungen, der Ameisenhaufen, die Art der Gebüsche. Glücklicherweise bietet die normale Filmerzählung Methoden, diese beiden Ebenen durch Blicke und Totalen zu verbinden, so dass eine kompakte Erzählbasis des Films erzeugt werden kann, die zur Not auch ohne den darunterliegenden Text auskommen könnte. All dies spielt im Freien. Es versteht sich, dass in der Art der bildlichen Aufbereitung die Natur eine geradezu bedrohliche Präsenz bekommen soll bedrohlich nicht aus sich heraus es gibt keine Stürme, Gewitter und Erdbeben sondern durch die Unvertrautheit des Menschen Sulla mit ihren Grundgegebenheiten. Darin ist Sulla, obwohl sich der Stoff antikisierend gibt, ganz moderner Stadt- und Staatsmensch, modern eben in seiner Entfernung von den natürlichen Gegebenheiten, die nur in Momenten der Muße virulente Gegenwart bekommen. Hier stellt sich sofort die Frage der Wirklichkeit des Stoffes und damit als erstes die Frage der Kostüme. Ich habe den Eindruck, dass es dem Stoff Schärfe nimmt, wenn ich Sulla einfach in einem römischen Kostüm durch die Gegend laufen lasse, andererseits ist es aber gerade das Antike, das dem Wahn der sullanischen Innenwelt drastische und groteske visuelle Plausibilität verleihen kann die Errichtung eines «Fotzenheiligtums» ist in finanzieller und ideologischer Hinsicht und auch von der individuellen inneren Erkenntnisfähigkeit her heutzutage ein Ding der Unmöglichkeit. Es heißt, dass Sexualität, über die wir lachen können, immer die Sexualität der anderen wäre, und wenn Sulla in einem römischen Kostüm steckt, ist er soweit von uns weggerückt, dass sein Masturbieren uns nur noch als vergangene Kuriosität betrifft. Andererseits scheint mir der Rückgriff auf gegenwärtige Kleidung abgeschnittene Jeans oder gepflegte Anzüge wie in Chéreaus Wagner-Inszenierungen, die etwas von der Wahnhaftigkeit der Bürgerlichkeit suggerieren sollen auch zu schäbig und kurz gesprungen, denn die antiken Bestandteile des Textes würden sich dann zu weit von der Bildoberfläche entfernen. Mir schwebt daher ein Zwischenzustand vor, etwas, das nicht mehr Antike aber auch nicht Gegenwart ist. (Klaus Wyborny)
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Details
- Regie
- Klaus Wyborny
- Kamera
- Klaus Wyborny
- Author
- Klaus Wyborny nach seinem Roman
- Musik
- Klaus Wyborny