SUGAR MAMAS MIT BEACHBOYS
Blunzengröstl und Speckschwartl wer das aussprechen kann, ist ein guter Österreicher. Der Kellner in Kenia tut sich damit ein bisschen schwer. Und die beiden Damen, die ihm diese Worte beibringen wollen, fallen dabei fast vom Barhocker vor Lachen.
Paradies: Liebe das ist für übergewichtige, nicht mehr junge Österreicherinnen der Strand von Kenia, wo sie sich von jungen Männern begehren lassen. Teresa, ganz hervorragend gespielt von Margarethe Tiesel, kann es sich zuerst gar nicht vorstellen, doch schließlich hat auch sie Sex mit den Beach Boys. Danach greift sie tief in die Geldbörse.
Ulrich Seidls erster Teil seiner Paradies-Trilogie, der heuer in Cannes Premiere hatte, zählt in seiner Freiheit und Offenheit zu den herausragenden Arbeiten im Werk des Regisseurs. Dabei besteht Seidls große Leistung darin, Frauen und Männer in ihren changierenden Rollen zwischen Opfer und Täter auszuleuchten, ohne moralisch zu bewerten. Er geht dabei auch hart an die Grenze des Erträglichen: Wenn vier betrunkene, halb nackte Frauen einen Kenianer als Geburtstagsüberraschung zum Strippen engagieren, ihm eine rote Schleife um den Penis binden und als Sex-Toy demütigen, dann werden Geschlechter- und Kolonialverhältnisse brutal transparent.
Die weiße, ältere Frau, zu Hause als unattraktiv abqualifiziert, dreht den Spieß um und labt sich am Herabwürdigen des schwarzen Mannes. Diese Form der Selbstermächtigung allerdings ist gepaart mit Verzweiflung. Denn die Männer sind ebenfalls beinhart und stellen ihre Rechnungen. Gleichzeitig eröffnet Seidl neue Räume, folgt seinen Protagonisten in ihre Bars und Hinterzimmer und schafft ein Universum, in dem sich der Zuschauer frei bewegen kann. Meisterlich und provokant.