"Sture Böcke": Ein Wannenbad für Schafe
Die isländischen Schafe führen auf den grünen Weiden des Nordens ein geradezu paradiesisches Leben, weil sie von den Bauern fast wie Kinder umsorgt und ständig gekrault, geküsst, ja sogar in der Badewanne abgeschrubbt werden – immerhin nehmen sie die Tiere dann aber nicht mit ins Bett.
Tierlieb mögen sie ja sein, die Isländer, bloß als Menschen kommen sie nicht so gut miteinander klar. Das beste Beispiel dafür bieten die Brüder Gummi und Kiddi: in einem abgelegenen Tal sind die beiden zwar direkte Nachbarn, doch seit 40 Jahren haben sie kein Wort mehr gewechselt, weil sie - aus uns unbekannten Gründen - miteinander verfeindet sind. Falls doch einmal Mitteilungsbedarf besteht, dient ein Hund als Zwischenträger von schriftlichen Nachrichten; und wenn der leicht aufbrausendes Kiddi einen über den Durst getrunken hat, neigt er dazu, das Haus seines Bruders zu demolieren oder ihm mit anderen aggressiven Handlungen zuzusetzen.
Tierische Täuschungsaktion
Als eine unheilbare Infektionskrankheit unter Kiddis Schafen ausbricht, müssen laut tierärztlicher Anordnung alle Schafbestände in dem Tal getötet werden. Dadurch verlieren die Bauern nicht nur ihrer wichtigsten Existenzgrundlagen, sondern sozusagen auch ihre besten (und meist einzigen) Freunde. Der schlaue Gummi kommt dem Befehl zwar nach, doch er gibt trotzdem nicht so schnell klein bei: in seinem Keller hält er eine Überraschung versteckt und führt die Tierärzte eine Zeitlang ganz schön an der Nase herum, ehe die Geheimaktion durch einen sturen – bzw. geilen – Bock zu scheitern droht. In der Notlage werden die beiden bärbeißigen Einsiedler durch ihre gemeinsame Liebe zu den Tieren wieder zusammengeführt und brechen bei unwirtlichen Wetterbedingungen zu einer verzweifelten Rettungsaktion auf. Das Ende kommt dann zwar etwas überraschend, aber wenn man darüber nachdenkt, ist die Entwicklung eigentlich nur folgerichtig.
Trockene Komödie
Laut Regisseur Grímur Hákonarson wurde die Geschichte direkt aus dem isländischen Leben gegriffen. Er bezeichnet seinen Film zudem als „trockene Komödie“ und tatsächlich scheint der raue Humor genau den klimatischen Bedingungen des Landes angemessen zu sein. Für mitteleuropäische Begriffe wird wohl eher die Tragik überwiegen: so zählt zu den stärksten Szenen jener Moment, als der Bauer Gummi nach langem Zögern zum Schlachtschussapparat greift, um seine Herde eigenhändig auszurotten; und es wird noch schlimmer, wenn der graubärtige Riese beim Reinigen seiner blutigen Hände dann haltlos zu weinen beginnt. Es ist auch berührend mitanzusehen, wie sich zwischen den beiden menschlichen Sturschädeln schließlich voll ungelenker Zärtlichkeit wieder eine echte Bruderliebe durchsetzt.
Man darf gespannt sein, mit welcher Tierart uns die Isländer im nächsten Jahr konfrontieren werden. 8 von 10 preisgekrönten Bockshörnern.