"Gilmore Girls"-Star Scott Patterson über Sexismus am Set
Nach wie vor sind Frauen unverhältnismäßig öfter sexueller Belästigung oder gar Missbrauch ausgesetzt als Männer. Leider müssen hier noch viele Kilometer zurückgelegt werden.
Was sich aber seit geraumer Zeit doch zu ändern scheint, ist die Verbindung zwischen Objektifizierung und Männlichkeit: Immer öfter werden Männer unverhohlen in der Öffentlichkeit als Sexjobjekt (sprich: nicht mehr als Individuum mit komplexer Persönlichkeit, Wünschen, Sehnsüchten, Ängsten, Stärken und Schwächen) betrachtet und auch so behandelt.
Ein Beispiel: "Grey's Anatomy"-Star Jesse Williams, dessen Nacktszene am Broadway illegal gefilmt, ins Netz gestellt und die ganze Welt zu sabbernden, pubertierenden Teens verwandelt hat. Die zahlreichen Memes auf Twitter sprechen Bände. Williams' schauspielerische Leistung, seine Gefühle? Kein Thema.
"Gilmore Girls"-Star: Sexismus am Set
Zu diesem Thema äußerste sich nun – als einer der wenigen Schauspieler – auch der ehemalige "Gilmore Girls"-Star Scott Patterson und nimmt sich kein Blatt vor den Mund: Nein, es ist kein Spaß, zum reinen Lustobjekt degradiert zu werden. Weder für die Frau noch für den Mann.
In seinem Podcast "I Am All In with Scott Patterson" erinnert er sich an die Dreharbeiten zur 19. Folge der dritten Staffel der Erfolgsserie. Darin gibt es eine Szene, in der Lorelai (Lauren Graham) und Sookie (Melissa McCarthy) nonchalant über Lukes Hintern sprechen, ihn bewundern und dabei ganz wuschig werden.
"Mir wurde klar, dass es nicht in Ordnung war, und ich fühlte mich überhaupt nicht wohl. Es war mir wirklich peinlich", erzählt er. "Es ist ärgerlich, wenn man wie ein Objekt behandelt wird. Es ist verstörend und ekelhaft, und das musste ich während dieser ganzen Szene und vielen Takes ertragen."
Und weiter. "Es drehte sich alles um den Hintern, den Hintern, den Hintern, den Hintern. Wenn wir nicht gefilmt haben, haben wir uns hingesetzt – die Leute haben immer noch über den Hintern geredet. Es war die verstörendste Zeit, die ich je an diesem Set verbracht habe, und ich konnte es kaum erwarten, dass dieser Tag vorbei war.“
Patterson betont, dass es keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern in Sachen Objektifizierung geben darf, denn am Ende sind die Reaktionen des Betroffenen vor allem eines: zutiefst menschlich. "Es ist für Frauen genauso ekelhaft, Männer zu Objekten zu machen, wie es für Männer ist, Frauen zu Objekten zu machen – und es ist genauso schädlich".
Auch das Argument, dass "damals halt eine andere Zeit war", lässt der heute 63-jährige Schauspieler nicht gelten. "Nur weil es 2003 war, heißt das nicht, dass es in Ordnung war. Es ist nie in Ordnung, und ich fühlte mich dabei nicht wohl, und es hat mich angepisst. Ich habe nie etwas gesagt, also war ich wütend auf mich selbst. Aber ich hatte diesen Job, und ich wollte kein Aufhebens darum machen."
Wir finden: Toll, dass Scott Patterson nun den Mut für solch offene Worte gefunden hat und hoffentlich eine Lanze für die gesellschaftliche Erkenntnis bricht, dass es auch an der männlichen Psyche Narben hinterlässt, wenn nur noch der Körper und nicht mehr die Seele zählt.