"One Night Off"-Star Emilio Sakraya: "Jeder Drehtag ein Lach-Chaos!"
Bei Netflix ist es seit geraumer Zeit schon gang und gäbe, nun ist es endlich auch auf Amazon Prime Video so weit: Am 29. Dezember startet auf der beliebtesten Streamingplattform der Österreicher der erste deutsche Amazon Original Spielfilm.
"One Night Off" ist eine moderne, rasante, saukomische und berührende Coming-of-Age-Story, die leichtfüßig den Spagat zwischen zwischen Vaterwerden und jugendlichem Leichtsinn schafft. Man könnte auch sagen: "Superbad" meets "Drei Männer und ein Baby".
"One Night Off": Mit Baby in den Lieblings-Club
Der 24-jährige Musik-Enthusiast Noah (Emilio Sakraya) ist frischgebackener Vater, aber noch nicht ganz in seiner neuen Rolle angekommen. Als seine Freundin Marie (Milena Tscharntke) für eine Nacht verreisen muss, hat er endlich die Chance, es ihr und sich selbst zu beweisen: Eine Nacht allein mit Baby ist absolut kein Problem.
Allerdings hat Noah die Rechnung ohne seinen Freund und Vollchaot Baumi (Helgi Schmid) gemacht: Der eröffnet ihm, dass ausgerechnet in dieser Nacht ihr innig geliebter Club das letzte Mal die Türen öffnet, bevor er abgerissen wird – das darf man einfach nicht verpassen!
Mit dem Baby zu einem Konzert gehen – unmöglich, oder? Als Noah schließlich widerwillig zustimmt, ahnt er nicht, dass ihm die verrückteste Nacht seines Lebens bevorsteht, bei der eine Katastrophe die nächste jagt – und das alles mit Baby Ben an Bord und seiner argwöhnischen Schwägerin Sarah (herrlich: Carol Schuler) auf den Fersen …
Wir baten Hauptdarsteller Emilio Sakraya, unter anderem aus der "Bibi & Tini"-Reihe sowie dem Bipolar-Drama "Die Rettung der uns bekannten Welt" bekannt und von KritikerInnen als einer der größten Nachwuchs-Stars Deutschlands gefeiert, zum Interview:
film.at: Was hat dich am Projekt beziehungsweise der Rolle des Noah gereizt?
Emilio Sakraya: Da gab es viele Aspekte. Da ist natürlich die Handlung selbst: ein Nacht-Road-Trip zweier Typen mit einem Baby! (lacht) Ich wusste einfach sofort: Ich hab voll Bock auf dieses Projekt! Zum anderen wollte ich endlich mal wieder eine Komödie drehen. Zudem ist "One Night Off" auch noch der allererste deutschsprachige Amazon Original Spielfilm. Und Regisseur Martin Schreier ist ein guter Freund von mir, mit dem ich schon seit Jahren zusammenarbeiten wollte, aber irgendwie hat es nie so richtig geklappt.
Als ZuchauerIn hat man das Gefühl, dass ihr sehr viel Spaß bei den Dreharbeiten hattet – nicht nur, wenn man sich am Ende die Outtakes ansieht ...
(lacht) Ja, das hatten wir auf jeden Fall!
Gibt es ein bestimmtes Ereignis während der Dreharbeiten, das dir besonders im Gedächtnis geblieben ist?
Gefühlt jeder Drehtag war ein Lach-Chaos! Vor allem bei den Szenen rund um die Muttermilch, die man auch in den Outtakes sieht, konnten wir uns nicht mehr einkriegen vor Lachen. Es war fünf Uhr morgens, also ganz nach dem Motto: "Nach müde kommt blöd!" Wir haben so viel gelacht, dass Martin (der Regisseur; Anm.) irgendwann gesagt hat: "Okay, es reicht, belassen wir’s, ich schneide das schon irgendwie zusammen!" Vor allem Helgi (Schmid; spielt Noahs Chaoten-Kumpel Baumi) und ich haben sehr, sehr viel gelacht.
Wie schwierig ist es eigentlich für eine/n SchauspielerIn, einen Film zu drehen, dessen Handlung beinahe ausschließlich während einer einzigen Nacht spielt?
Das war eigentlich keine Herausforderung. Eine viel größere Herausforderung war, dass wir vier Wochen lang nur nachts gedreht haben, von 18 Uhr bis 6 Uhr morgens. Da kommst du in einen ganz anderen Schlafrhythmus rein, der einfach nicht gesund ist für den menschlichen Körper. Und vor allem aus diesem Rhythmus wieder herauszukommen, ist wahnsinnig schwierig.
Erstens hat man untertags null Energie. Zweitens kannst du danach lange nachts nicht schlafen, weil man es einfach nicht mehr gewohnt ist. Da liegst du dann um 3 Uhr morgens wach und denkst dir: "Scheiße, in drei Stunden werde ich zum Dreh abgeholt und ich kann immer noch nicht schlafen!"
Wenn wir schon von durchzechten Nächten sprechen und passend zum Film: Würdest du dich als Partytyp bezeichnen?
Ich feiere total gerne, habe aber leider die Zeit nicht mehr dafür. Wenn ich es aber schaffe, einen Tag mit meinen Freunden zu verbringen, freut es mich umso mehr. Ich bin weniger der Disco-Typ, sondern hänge mit meinen Engsten lieber in einer Bar oder zuhause ab.
Was war das Verrückteste, das du jemals in einem Club erlebt hast?
Wenn ich etwas Verrücktes in einem Club erlebt habe, kann ich mich nicht mehr dran erinnern ... (grinst)
Wie sieht es denn generell mit Jugendsünden bei dir aus?
Ich habe mein Leben immer sehr genossen, habe viel gefeiert, war viel mit meinen Jungs unterwegs. Die Jugendlichen heutzutage feiern ja vor allem in Clubs, aber das war nie unser Ding. Wir waren eher draußen unterwegs, sind zum Beispiel stundenlang auf Parkbänken abgehangen, egal, wie kalt es war!
Ein großes Thema von "One Night Off" ist das Erwachsenwerden sowie das Verabschieden von der eigenen Jugend. Du selbst stehst seit deinem neunten Lebensjahr vor der Kamera. Musstest du sehr schnell erwachsen werden?
Prinzipiell bin ich sehr früh mit Verantwortung in Kontakt gekommen. Ich bin zum Beispiel seit der ersten Klasse allein in die Schule gegangen und musste früh allein auf meinen Bruder aufpassen. Generell musste ich ziemlich früh sehr viel selbstständig machen, weil meine Mama mich allein großgezogen hat. In solch einer Situation ist es notwendig, schnell eigenständig zu sein.
Trotzdem: Gab es in den vergangenen Jahren, in denen deine Karriere so richtig abgehoben ist, einen Moment, in dem du gesagt hast: "So, JETZT bin ich wirklich erwachsen!"?
(überlegt) Es ist irgendwie ein Mischmasch. Natürlich, ich bin ein erwachsener Mensch, lebe alleine, trage und übernehme Verantwortung. Trotzdem bin ich im Kopf immer noch derselbe wie vor zehn Jahren, bin immer noch gerne am Rumalbern. Manchmal habe ich meine fünf Minuten gemeinsam mit meinen Kumpels – und glaub mir, da soll bloß keiner mitbekommen, was wir da machen! (lacht)
Ich glaube aber, dass genau das zum Erwachsenwerden dazugehört: das innere Kind nicht loszulassen und zu wissen, dass man auch mal Spaß haben kann, gleichzeitig aber trotzdem immer verantwortungsvoll zu sein.
Wahre Worte.
Das Gefühl, nun tatsächlich erwachsen zu sein, stellte sich bei mir sehr stark ein, als ich von zuhause ausgezogen bin. Ich musste lernen, dass Klopapier nicht in der Toilette wächst und dass sich die leere Milchpackung nicht von alleine auffüllt. Die Miete muss bezahlt werden, aber auch der Strom, die Heizung und das WLAN. Ich habe auch gelernt, dass ich meine Schuhe lieber ausziehe, bevor ich in meine Wohnung gehe, weil ich sonst den ganzen Dreck später wegsaugen muss. (lacht)
All das sind Dinge, die man erst lernt, wenn man alleine wohnt. Und genau dann gibt es wohl den Umbruch zum Erwachsensein. Wann dieser Umbruch aufhört? Ich denke, der nie hört niemals auf.
Noah in "One Night Off" ist ein junger, frischgebackener Vater. Wie schaut es mit deinem persönlichen Kinderwunsch aus?
Ich hätte durchaus Bock! Aber da gehört ja viel mehr dazu ... Momentan bin ich beruflich so viel unterwegs, da kann ich mir Kinder in meinem Leben einfach nicht vorstellen. Zudem würde auch die Partnerin dazu fehlen. Ich sehe mich selbst also erst in sehr ferner Zukunft als Papa – nicht, weil ich nicht wollen würde, sondern weil es derzeit einfach nicht der richtige Zeitpunkt ist. Wenn ich eine Familie habe, möchte ich auch Zeit für sie haben.
Was für eine Art Papa wärst du denn? Streng, locker, überfordert?
Hm, gute Frage! Überfordert eher nicht, ich bin relativ selten mit Dingen überfordert. Ich würde mir vor allem wünschen, dass ich eine Vertrauensperson für das Kind bin. Egal, was ist oder was er oder sie auch angestellt hat: Ich bin immer da und er oder sie kann immer mit mir reden! Ob man dafür extrem streng oder locker sein muss, kann man so pauschal nicht sagen und kommt wohl auch auf das Kind drauf an.
Apropos Kinder: Es gibt eine ungeschriebene SchauspielerInnen-Regel, die besagt: "Drehe nie mit Tieren oder kleinen Kindern." In "One Night Off" ist in fast jeder deiner Szenen dein Film-Sohn dabei. Wie war das Drehen mit einem Baby?
Das Baby war ganz, ganz toll! Natürlich war es auch eine Herausforderung, weil Babys nur eine bestimmte Zeit am Set sein dürfen, also mussten wir zum Beispiel viele Szenen mit ihm vorher abdrehen und mussten danach in die Szene wieder zurückspringen. Oder wir sind zwischen verschiedenen Szenen hin und her gesprungen.
Das fordert eine bestimmte Art von schauspielerischer Kondition, die es zu halten gilt. Manchmal haben wir natürlich auch mit einer Puppe gedreht. Aber allgemein war das nächtliche Drehen wie gesagt für mich viel herausfordernder als mit dem Baby zu arbeiten.
Du gehörst zu den derzeit gefragtesten Nachwuchstalenten Deutschlands. Kannst du den Erfolg überhaupt genießen? Oder gar realisieren?
Ich realisiere den Erfolg, glaube ich, nicht, denn immer, wenn Leute zu mir sagen, wie krass es ist, was gerade bei mir abgeht, denke ich mir immer: "Hä? So krass kommt es mir gar nicht vor!" Das einzige, was ich tatsächlich bereits realisiere und was ich auch sehr wertschätze und genieße, ist, dass ich mir meine Projekte mittlerweile aussuchen kann.
Das war ganz lange nicht so. Ich musste sehr lange auf jedes Casting rennen und hab die Rolle am Ende doch nicht bekommen, weil beispielsweise die Haare für die Rolle zu dunkel waren oder ich beispielsweise nicht die richtigen Connections hatte. Selbst zu entscheiden und auch selbst Projekte anschieben zu können, ist ein wahnsinnig tolles Gefühl. Das genieße ich momentan sehr.
Worauf dürfen wir uns 2022 von dir freuen?
Es steht eine Tour an (Sakraya ist auch als Musiker sehr erfolgreich und steuerte zum Beispiel den Song "Danke" zu "One Night Off" bei; Anm.) und 2022 wird es auch neue Musik geben. Als Schauspieler stand ich die vergangenen viereinhalb Monate für "Rheingold", den neuesten Film von Fatih Akin, vor der Kamera. Darin geht es um die Lebensbiographie des Rappers Xatar (Sakraya spielt die Hauptrolle; Anm.).
Wann der ins Kino kommt, weiß ich aber nicht. Wir haben erst gestern die Dreharbeiten abgeschlossen und ich bin auch erst seit gestern wieder in Deutschland. Ich selbst muss erst – da ist es wieder! – realisieren, was da überhaupt passiert ist. Ich freue mich jedenfalls schon sehr auf das Endergebnis.