Star Trek Discovery: Was ist das Spiegel-Universum?
Der Auftakt der zweiten Staffelhälfte von "Star Trek: Discovery" fühlt sich fast wie ein Neustart der Serie an. Das wäre dann schon der zweite. Schon die Pilotdoppelfolge war ja eher eine Vorgeschichte als ein Serieneinstieg. Aber nach der Folge "Despite yourself", bei der Jonathan Frakes Regie geführt hat, wirken die neun Folgen davor wie die Vorbereitung des eigentlichen Serien-Settings in Überlänge. Der Eindruck, dass hier zu viele Autoren ihre Ideen eingeworfen haben, lässt sich nicht von der Hand weisen und ist wohl eine Folge des Abgangs von Bryan Fuller als Showrunner. Das Comeback nach 15 Jahren TV-Abstinenz hätte für Star Trek jedenfalls geschmeidiger laufen können. Aber immerhin hat man so die volle Aufmerksamkeit der Fan-Community erreicht, denn die Fans hatten recht schnell herausgefunden, wohin die Reise geht: ins Spiegel-Universum. Aber was ist das Spiegel-Universum eigentlich? Eine Spurensuche im Kanon des "Star Trek"-Universums – übrigens mit erhöhtem SPOILER-Risiko für "Star Trek: Discovery".
Parallelwelten
Den ersten Auftritt im "Star Trek"-Universum hatte das "Mirror Universe" in der Folge "Mirror, Mirror" (Dt.: "Ein Paralleluniversum") der zweiten Staffel der Originalserie. Durch einen Ionensturm kommt es zu einer Fehlfunktion des Transporters. Dadurch werden Captain Kirk, Doktor McCoy, Scottie und Uhura auf die Enterprise in einem Paralleluniversum gebeamt. Dort werden sie von einem bärtigen Spock begrüßt. Aber nicht nur dank Spocks Goatie wird schnell klar, dass etwas nicht stimmt. Das Paralleluniversum ist wie ein spiegelverkehrtes Abbild des Originaluniversums, daher der Name "Spiegel-Universum": Die humanistische, idealistische und friedfertige Föderation ist hier ein rassistisches, moralisch verkommenes und aggressives Imperium, das von Menschen dominiert wird. Genau wie Captain Lorca hat auch Kirk das böse Spiel mitgespielt, um nach einer Möglichkeit zur Rückkehr ins eigene Universum zu suchen.
Imperator Sato
Einen interessanten Blick ist Spiegel-Universum machte das Prequel "Star Trek: Enterprise", das 100 Jahre vor der Zeit von Captain Kirk spielt. In einer Anknüpfung an die Episode "The Tholian Web" (Dt.: Das Spinnennetz) der dritten Staffel der Originalserie wird in einer Doppelfolge die Spiegel-Crew des Raumschiffes Enterprise von Jonathan Archer gezeigt. Archer ist im bösen Spiegel-Universum nur erster Offizier. Das Terranische Imperium, das Pendant der Föderation, ist im Krieg mit den Tholianern. Archer erfährt, dass sie ein hoch entwickeltes Raumschiff entdeckt haben. Er beseitigt den Captain der Enterprise und holt sich das Schiff, bei dem es sich um die USS Defiant handelt. Diese war in "The Tholian Web" in einer Raumspalte zwischen den Universen verschwunden. Die USS Defiant ist wie auch Kirks USS Enterprise ein Schlachtschiff der Constitution-Klasse. Das Schiff war der Technologie im Archers Spiegel-Universum um 100 Jahre voraus. Der böse Archer karpert das Schiff, besiegt die Tholianer und will sich dann mit Hilfe des überlegenen Schlachtschiffes zum Imperator aufschwingen. Allerding wird er zuvor von Hoshi Sato vergiftet, die sich schließlich selbst zum Imperator erklärt.
USS Defiant
Nach Informationen über dieses Schiff sucht nun die Crew von Captain Lorca im Spiegel-Universum. Angeblich, um eine Möglichkeit zur Heimkehr auszuloten. Interessant an der Episode "The Tholian Web" ist auch, dass beim Sprung in das Spiegel-Universum auch eine Zeitverschiebung stattfinden kann. Die USS Defiant stammt aus der Zeit von Captain Kirk. Im Spiegel-Universum war sie aber 100 Jahre früher. Kirk und seine Crew machten nur einen Raumsprung, keinen Zeitsprung. Und auch in der Serie "Star Trek: Deep Space Nine" kam das Spiegel-Universum in insgesamt fünf Episoden vor. Auch hier wurde nur zwischen Universen gesprungen. 100 Jahre nach dem Besuch von Kirk hatte sich das Blatt gewendet. Das Terranische Imperium ist gefallen und von einer Alien-Allianz erobert worden. Menschen und Vulkanier sind nun zu Sklaven degradiert.
USS Discovery
Da das Pendant der USS Discovery im Spiegel-Universum ebenso existiert wie die bösen Doppelgänger der Charaktere, handelt es sich auch diesmal nur um einen Raumsprung. Demnach liegen die Ereignisse um die USS Defiant rund 90 Jahre in der Vergangenheit und der erste Kontakt mit dem Spiegel-Universum von Kirk rund 10 Jahre in der Zukunft. Es ist zu bezweifeln, dass Hoshi Sato noch Imperator ist (falls der tatsächlich Putsch gelungen ist). Da in der Zeit von Kirk das Spiegel-Universum nicht bekannt war, könnte man annehmen, dass es die USS Discovery nicht mehr zurück ins Heimatuniversum schafft – falls dieses Heimatuniversum tatsächlich dasselbe wie jenes von Kirk & Co ist.
Raum und Zeit
Die Produzenten von "Star Trek: Discovery" haben bereits preisgegeben, dass der von Ash Tyler ermordete Doktor Culber in Zukunft wieder in der Serie auftauchen wird (und es sich dabei nicht um seinen bösen Doppelgänger handelt). Das legt die Vermutung nahe, dass es doch noch zu Zeitsprüngen und vielleicht auch weitern Sprüngen zwischen verschiedenen Universen kommen könnte. Doch zumindest für die verbleibenden fünf Episoden der ersten Staffel dürfte "Star Trek: Discovery" wohl im Spiegel-Universum bleiben. Allerdings geistert auch die Fan-Theorie herum, dass die "Discovery" eine Heimreise wie schon zuvor die "Voyager" antritt. Nur dass es diesmal eine Reise von Paralleluniversum zu Paralleluniversum ist.
Erwin Schotzger