"Sherlock Gnomes": Ermittlungen im Reich der Gartenzwerge
Wieder um eine Illusion ärmer – ich hätte nie geglaubt, dass auch Gartenzwerge Opfer von Verbrechen werden können.
Neuer Garten und neue Probleme
Seit das Traumpaar Gnomeo und Julia allen Familienzwistigkeiten zum Trotz im ersten Film vor sieben Jahren endlich zusammengefunden hat, sollte ja eigentlich nur noch die Liebe vorherrschen. Doch dann müssen unsere Vorgartenbewohner mit einer großen Veränderung fertigwerden, denn sie finden sich von ihrem Heimatort Stratford-upon-Avon plötzlich nach London versetzt, wo sie in einem schäbigen Hinterhof eine neue Bleibe erhalten. Weil Julia ganz in ihrer Aufgabe der Gartenbehübschung aufgeht, fühlt sich Gnomeo vernachlässigt und es beginnt in ihrer Beziehung erstmals zu kriseln. Nicht genug damit, ereignet sich gerade eine Reihe von unerklärlichen Entführungen in der Stadt: immer mehr Gartenzwerge verschwinden spurlos und auch unsere lebenden Keramikfreunde fallen den Tätern zum Opfer.
Sherlock und Julia
Höchste Zeit, dass mit Sherlock Gnomes (von Johnny Depp gesprochen) ein selbsternannter Beschützer der Gartenzwerge auf den Plan tritt und in Begleitung seines Freundes und Kollegen Dr. Watson die Ermittlungen aufnimmt. Auch bei diesem Duo klappt die Zusammenarbeit nicht mehr so gut, weil der egozentrische Meisterdetektiv seinen Partner Watson ständig vor den Kopf stößt, und so tritt bald die resolute Julia als unfreiwillige neue Assistentin an Sherlocks Seite. Sie gehen einer Reihe von Hinweisen nach, schwimmen mit Propellerantrieb durch die Kanalisation, sehen sich kampfwütigen asiatischen Winkekatzen gegenüber oder müssen Sherlocks erboste ehemalige Freundin Irene erst zur Kooperation überreden. Auch hier heißt der Erzbösewicht übrigens Moriarty, kommt aber in ungewöhnlicher Gestalt daher und ist so gelb wie ein Quietschentchen.
Zwergen-Action
Zugegeben, der erste Teil hat ja auch schon auf einem literarischen Wortspiel beruht; was damals jedoch in eine unterhaltsame Geschichte umgesetzt werden konnte, erscheint diesmal nur noch verkrampft und völlig an den Haaren – oder meinetwegen Zipfelmützen – herbeigezogen. Die früheren Figuren wirken in der neuen Umgebung völlig fehl am Platz und obwohl der Film nicht einmal 90 Minuten dauert, entwickelt die Story schleppende Längen. Statt witziger Einfälle bietet das Drehbuch nur ein paar lahme Anspielungen auf die Abenteuer des echten Sherlock Holmes und setzt ansonsten in erster Linie auf Dauer-Action, denn unsere Helden verbringen den größten Teil der Zeit damit, an irgendwelchen Seilen wie Batman durch die Luft zu schwingen, oder per Drohne und Rasenmäher Verfolgungsjagden und Fluchten zu absolvieren.
Versagende Geheimhaltung
Auch einen merkwürdigen Logikfehler haben sich die Macher geleistet: bei einer Nachrichtenmeldung im TV wird von den gestohlenen Gartenzwergen berichtet und der Hoffnung Ausdruck verliehen, dass Sherlock Gnomes den Fall übernimmt. Wieso wissen denn die Menschen über ihn Bescheid, obwohl er und die Zwerge doch alles tun, um unerkannt zu bleiben und ihre eigene Welt streng geheim zu halten. Sobald ein menschliches Wesen auch nur in ihre Nähe kommt, erstarren sie sofort und spielen die leblosen Statuen. Und trotzdem wird uns Sherlock auf einmal als Fernsehberühmtheit präsentiert. Wie ist das möglich?
Aber vielleicht klappt es ja beim nächsten Mal besser. Immerhin bietet sich noch eine ganze Reihe weiterer wortwitziger Titelfindungen aus dem Zwergenreich an und daher kommen womöglich bald ein „Indiana Gnomes“ oder die „Game of Gnomes“ auf uns zu.
4 von 10 Zwergenpunkten
franco schedl