Ang Lee erzählt im seinem jüngsten Film mit großem Raffinement eine Geschichte über Gefühle, deren Instrumentalisierung und Einhegung durch gesellschaftliche Zwänge und politische Ideale: Gefahr und Begierde (Lust, Caution) geht auf den gleichnamigen Spionagethriller von Eileen Chang zurück und spielt in den späten 30er und frühen 40er Jahren in Hongkong und Shanghai. Die Studentin Wang Chia-Chih schließt sich einer Zelle radikaler, gegen die japanische Besatzung kämpfender Kommilitonen an - ihr Plan ist es, den mächtigen Kollaborateur Yee zu töten. Wang gelingt es, sich mit dessen Ehefrau anzufreunden, und je häufiger sie zum Mahjong-Spiel eingeladen wird, umso deutlicher wird, dass Yee sie zur Geliebten will. Der Reiz des Films liegt im Detail, so wie Yee selbst einmal meint: «Wenn man aufmerksam ist, ist nichts trivial.» Allein die Ambivalenz, die daraus resultiert, dass Wang und ihre Genossen den bourgeoisen Lebensstil im Hause Yee verachten, ihn aber zugleich skrupulös nachinszenieren, damit ihr Gegner keinen Verdacht schöpft - allein diese Ambivalenz trägt den Film weit. Dazu kommt die Subtilität, mit der Ang Lee Tangomusik, die Abdrücke von Lippenstift an Tassen und Gläsern, das Close-Up eines Wachhunds, ein Gespräch über Diamanten oder ein weißes Bettlaken so arrangiert, dass das Drama eine den Plot flankierende, zweite, dichte Ebene erhält. Einem ihrer Verbindungsoffiziere gegenüber beschreibt Wang einmal, was ihr mit Yee passiert: «Wie eine Schlange kriecht er zu meinem Herzen empor.» Der so mit den konkreten Folgen des glatten Planes Konfrontierte kann nur noch stammeln: «Hören Sie auf, seien Sie still.» (Cristina Nord)
(Text: Viennale 2007)
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Details
- Regie
- Ang Lee
- Kamera
- Rodrigo Prieto
- Author
- James Schamus, Wang Hui-Ling
- Musik
- Alexandre Desplat
- Verleih
- TOBIS Film