Jene ihre Begegnungen
Film

Jene ihre Begegnungen

Quei loro incontri Italien, Frankreich, , 2005

Ein zweites Mal nehmen Danièle Huillet und Jean-Marie Straub die 1947 erschienenen «Dialoghi con Leucò» von Cesare Pavese zur Grundlage eines Films.

Jene ihre Begegnungen
Min. 68
Start. 20.04.07

In Dalla nube alla resistenza bildeten sechs dieser Dialoge zwischen Figuren aus der griechischen Antike und Mythologie den ersten Teil des Films, Quei loro incontri besteht aus den letzten fünf des Buches. Quei loro incontri ist vielleicht der traurigste Film der Straubs, weil er aus der Perspektive der Götter von den bedauernswerten Menschen im allgemeinen spricht und keine individuelle Geschichte erzählt. Er ist aber vielleicht auch derjenige, der die «ethische Gewalt» (Franco Fortini) ihrer Filme am sanftesten zum Ausdruck bringt. Es ist erschütternd, wie diese Götter von Sehnsucht und Trauer zugleich ergriffen werden, wenn sie von den erbärmlichen und dennoch beneidenswerten Menschen sprechen. Sie sehnen sich nach deren Sterblichkeit, die, weil sie vom ewigen Schicksal befreit, «alles unvermutet und Entdeckung» werden lässt. Sie bewundern sie für ihre Fähigkeit zu benennen, denn überall, «wo sie Mühsal und Worte aufwenden, wird ein Rhythmus, ein Sinn, eine Ruhe geboren». Wie schön muss es sein, «sich selbst zu gestalten, auf diese Art der Laune nach». Sie sehen aber auch, dass die Menschen elend, gemein und berechnend sind, dass sie ihre Geschichten immer mit Blut erzählen, den Wert ihrer Existenz nicht erkennen und sich an der Welt versündigen. Unverständnis und Zorn kommt dann auf, aber es sind ihr Wohlwollen, ihr Wille, den Menschen zu helfen, und zugleich ihre Ohnmacht, die bestürzend sind. Nein, nicht ein Gott wird die Menschheit retten. Eine göttliche Erzählung allenfalls, die die Menschen lehrt, «dass der Tod auch für sie neu ist. Ihnen diese Erzählung geben. Sie ein Schicksal lehren, das sich mit dem unseren verflicht». Man muss sehen, wie die Darsteller, die Götter und Menschen in den Einstellungen des Films verflochten sind mit ihrer Umgebung, der Natur, den Bäumen, Ästen, den Blättern im Wind, den Felsen, mit Licht, Farben und Schatten und den Geräuschen, mit dem Sinn dessen, wovon sie sprechen. Wie sie mit festen Stimmen und präziser Diktion diesem Sinn eine eindringliche, rhythmisierte Form geben, die sich in den lebendigen, ruhigen Raum einfügt. Physischer Geist, sinnliches Denken (im wirklichen Sinne, weder symbolistisch noch metaphorisch). Die Menschen sind den Göttern, auch den Ungeheuern und Mischwesen und der Natur verwandt. (Markus Nechleba)


(Text: Viennale 2006)

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