Proletarisches Kino: Programm 15 - Fritz Rosenfeld 4
Film

Proletarisches Kino: Programm 15 - Fritz Rosenfeld 4

UdSSR , 1927

Proletarisches Kino: Programm 15 - Fritz Rosenfeld 4
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Das russische Filmschaffen, für Rosenfeld «der Avantgarde verschwistert», ist Motor der künstlerischen wie ideellen Erneuerung des Kinos der 20er Jahre und ein wirkungsmächtiges Mittel im Kampf gegen Kapitalgenismus und Klassengesellschaft. Dabei sind es nicht nur große Revolutionsepen, denen sein Interesse gilt - der Kritiker ist hellhörig, auch für die lyrischen Zwischentöne des revolutionären Films. Die Frauen von Rjasan sucht in einigen knapp gezeichneten, typischen Menschenschicksalen die große Wandlung vom Zarenreich zum neuen Russland darzustellen. In diese offene, sonnige Welt der Felder, der weidenden Tiere, der rauschenden Baumwipfel, bricht die Nachricht vom Kriege. Die Söhne rücken ein, hungrige Vögel in ihrem Nest werden dichterisches Symbol einer harten, grauenvollen Zeit. Während die jungen Bauern im Felde stehen, stellen die alten den Frauen nach. Als der Sohn heimkehrt, findet er ein Kind vor, das nicht seines ist. In ihrer Verzweiflung geht seine Frau ins Wasser; Vater und Sohn geraten aneinander - das Ende dieses Kampfes verschweigt der Film. Wichtiger aber als die heutige, vom Kriege, von den Verbrechen des Zarismus unterhöhlte, zermorschte Generation ist die kommende, ist das Kind. An ihm macht die Gemeinschaft gut, was die Eltern verschuldeten. Der Palast nahe beim Dorfe ist in den Tagen der Revolution in ein Kinderheim umgestaltet worden. In neuem Geiste wird eine neue Menschheit erzogen. Es gibt in diesem schönen Film, den eine Frau inszenierte, keine Kriegs- und keine Revolutionsbilder; und dennoch spielen Krieg und Revolution in seiner Fabel eine wichtige Rolle. Es gibt hier keine ausnehmend hässlichen Menschen, und doch sind alle Gestalten des Films lebensechte, glaubhafte russische Bauern. Es gibt keine zerfetzten Kostüme, und doch wirkt der Film ungestellt, ungekünstelt, ungeschminkt. Die Wirklichkeitstreue einer Filmfigur liegt eben nicht darin, dass sie unrasiert und zerlumpt ist, sondern darin, wie sie als Gestalt vom Filmschöpfer angelegt, wie sie vom Darsteller gespielt wird. Auch die schönen Menschengesichter dieses Films sind charaktervoll, lebensvoll, sind nicht süßlich und geleckt, wie die schönen Gesichter aus Hollywood und Neubabelsberg. Die notwendigen Konzessionen zu machen, aber der revolutionären Aufgabe nicht untreu zu werden, gelang Olga Preobraczenskaja ausgezeichnet. (Fritz Rosenfeld)

(Text: Viennale 2007)

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