Ich war in San Francisco, um Les Créatures vorzustellen. Tom Luddy von den Pacific Film Archives, der ein bisschen mit dem Linksaktivismus liebäugelte, meinte zu mir: «Es gibt da einen gewissen Varda, der auf einem Boot in Sausalito lebt. Bist du mit dem verwandt?» - «Keine Ahnung, schauen wir einmal.» An einem Donnerstag besuchte ich dann mit Tom diesen Yanco, der tatsächlich ein Cousin meines Vaters war: ein Spinner, Spaßvogel und Maler, den ich von der ersten Sekunde an so ins Herz schloss - er war für mich die ideale Vaterfigur -, dass ich ihn unbedingt filmen wollte; allerdings musste ich schon am Montag zurück nach Paris. Er meinte: «Ich kenne einen sympathischen kleinen Filmverleiher.» Ich ging zu dem Mann und sagte ihm: «Geben Sie mir eine Kamera, einen Kameramann und Film und sie bekommen die Rechte für Amerika; für den Rest komme ich auf.» Wir begannen um elf Uhr und drehten den ganzen Freitag und den ganzen Samstag durch; am Sonntag filmte ich kurz am Vormittag, weil er Freunde zu Besuch hatte, Montagfrüh kam der Ton dran und fertig. 1967 geht zu Ende, es war ein Jahr der Reisen, Bildsprünge, raschen Entscheidungen und belebenden Überraschungen. Ich muss zurück nach Paris und in vier Wochen die Montage und Tonmischung von Oncle Yanco fertig stellen, das Haus verschließen und alles für unsere Abwesenheit regeln, denn wir werden mindestens für ein Jahr weg sein. Nachdem die Grünpflanzen verschenkt und die Fensterläden geschlossen sind, fliegen Rosalie, unsere Hündin und ich am 24. Dezember los, um mit Jacques und Onkel Yanco unsere ersten sonnigen kalifornischen Weihnachten zu verbringen. Der Film ist ein Porträt meines Onkels, des Malers Jean Varda. Unter dem Lateinersegel gleitet er über die Wasser vor San Francisco, diesem Zentrum der Intelligenz und Herzen der Boheme, und malt himmlische und byzantinische Städte, denn er ist Grieche. Aber er engagiert sich auch für die amerikanische Jugendbewegung und empfängt Hippies auf seinem Hausboot. Wie ich meinen Onkel aus Amerika fand und was für ein wunderbarer Mann er ist, das zeigt dieser Kurzfilm in Farbe. Agnès Varda «Varda par Agnès» Cahiers du Cinéma & Ciné-Tamaris, 1994 (Übersetzung von Petra Metelko)
(Text: Viennale 2006)
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Details
- Schauspieler
- Jean Varda, Tom Luddy, Agnès Varda, Rosalie Varda
- Regie
- Agnès Varda
- Kamera
- Didier Tarot, David Myers
- Author
- Agnès Varda
- Musik
- Yannis Spanos, Richard Lawrence, Albinoni