Notre musique
CH, F, , 2004
Es ist der Versuch, die Spuren der Geschichte, die Trümmer der Zerstörung zu sichten und zu bezeichnen wie die Steinblöcke der zerbombten Brücke von Mostar, die Godard uns zeigt, wie Grabsteine eines vergessenen Krieges. Europa hat zugesehen bei der Zerstörung, und Godard sieht Europa beim Wiederaufbau zu. Woher aber kommen die Indianer an der Drina?
Notre Musique ist ein Film in drei Teilen, «Hölle», «Fegefeuer» und «Paradies». Aber am Eingang zum Paradies wacht nicht der Engel mit dem Feuerschwert, sondern dort lagert eine Truppe amerikanischer Soldaten. Trotz der hochkulturellen Bögen und allgegenwärtigen Diskursbereitschaft besitzt Notre musique einen leisen Humor, der den großen Themen die Schwere nimmt. Der Film fingiert ein Kolloquium, bei dem Godard, der Guru, zum wohl hundertsten Mal die Frage beantworten soll, ob die digitale Technik das Kino auf Dauer zerstöre. Der Meister schweigt und verdreht die Augen. Am Ende des Films wird die Kunstfigur Godard am Telefon erfahren, dass die Israelin in einem Jerusalemer Kino einen Selbstmordanschlag vortäuschte und dabei ums Leben kam. In einer Art hilfloser Übersprunghandlung räumt der Regisseur in seinem chaotischen Garten Geranien auf. Ein alter Mann, vertütelt, wackelig und auch ein wenig müde. In Notre musique dauert die Hölle zehn Minuten, das Purgatorium eine Stunde. Am Ende verschlägt es die Kamera noch kurz in den Garten Eden. Das Paradies ist ein regennasser Wald, bewacht von amerikanischen Marines. (Katja Nicodemus)
(Text: Viennale 2004)
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