Ein junger Mann kehrt an den Ort seiner Kindheit zurück, in die Verlassenheit der mexikanischen Hochebene, wo ein ewiger Wind die Erde austrocknet und nur noch das Grab seines jüngeren Bruders daran erinnert, dass hier einmal zwei, drei Familien gelebt haben. Jahrelang warteten sie auf Elektrizität und Wasser, die Männer verdingten sich in der nahe gelegenen Ziegelfabrik, Tragödien ereigneten sich in aller Einsamkeit. Zurück an diesem Ort rekonstruiert der Mann die Geschichte seines älteren Bruders Martín, der eines Tages nach Mexiko-Stadt aufbrach, um dort ein besseres Leben für die Familie zu ermöglichen. Nach einem Raub war Martín zunächst gezwungen, sich die Weiterfahrt zu erarbeiten und lebte bei Pablo in einer aufgelassenen Hacienda. Als Pablo versuchte ihn zu verführen, sah Martín die Zeit gekommen, aufzubrechen. Ricardo Benet gelingt es in seinem kraftvollen und ruhigen Debüt, dem Leben auf dem Land zwischen sozialer Realität und Marquez'scher Fantastik ebenso gerecht zu werden, wie das Gefühl einer nie enden wollenden Ankunft in die Millionenmetropole zu vermitteln. Jedes erzählte Detail ist von bestechender Konzentration: Eine Parallelmontage gibt den Unfalltod des jüngsten Bruders nur in Andeutungen als existenziellen Bruch aller Beteiligten wieder; wenn Martín durch die Großstadt zieht, umgibt ihn eine gespenstische, irreale Stille, die seine Isolation erspüren lässt. Bilder, wie er zusammengekauert in einer Ecke die erste Nacht im Freien verbringt oder später Pfefferminzbonbons in der U-Bahn verkauft, sind vollkommen der gelebten Wirklichkeit der Stadt entliehen, während sie zugleich, in den klischeefreien Fluss einer Biografie gestellt, keinen Platz für falsches Mitleid lassen. Martíns Odyssee endet mit Vatermord und der Rettung seines sich nun zurückerinnernden Bruders. Der Ort der Kindheit, benannt einzig nach der Zahl «17», schreibt sich in die Erinnerung an die Zukunft ein, wie die Autorin Elena Garro einmal den Mahlstrom der mexikanischen Geschichte bezeichnet hat. (Verena Teissl)
(Text: Viennale 2006)
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Details
- Schauspieler
- David Aarón Estrada, Mayahuel del Monte, Martín Palomares, Gina Moret, Lucía Muñoz
- Regie
- Ricardo Benet
- Kamera
- Martín Boege
- Author
- Ricardo Benet
- Musik
- Guillermo González Phillips