"Waco": Die wahre Geschichte hinter der Netflix-Doku

"Waco: American Apocalypse"
Eine Sekte, eine Schießerei, eine Belagerung: 85 Tote. Das ist das Massaker von "Waco". Was geschah 1993 in Texas?

Sekten haben nicht nur eine berauschende Wirkung auf ihre MitgliederInnen, sondern faszinieren auch TV-ZuschauerInnen auf der ganzen Welt. Diese Anziehungskraft macht sich Netflix mit seinen Dokumentationen über diese Art von Glaubensgemeinschaften zunutze. Nach "Sei lieb, bete und gehorche" und "Wild, Wild, Country" folgt nun "Waco: Amerikanische Apokalypse", in der es um einen Vorfall von 1993 geht, bei dem über 80 Menschen ums Leben gekommen sind. 

"Netflix Woche" berichtet über die wahren Hintergründe der Netflix-Doku. Wir beantworten euch die wichtigste Fragen zu den Geschehnissen in Waco. 

Wer war David Koresh? 

Vor der Sekte: David Koresh, der eigentlich Vernon Wayne Howell heißt, wuchs als Kind zweier Teenager auf, die ihn schließlich verlassen haben. Seine ohnehin schon traurige Jugend wurde zusätzlich durch Mobbing in der Schule geprägt, weshalb er letzten Endes die Schule abbrach. Seinen Traum vom Musikerdasein konnte er sich nie wirklich erfüllen.

1981 trat er der Sekte bei, die damals noch von Lois Roden geführt wurde. Angeblich sollen die beiden eine Affäre miteinander gehabt haben, die ihm auch dazu verhalf, seine "Offenbarungen" zu predigen. Aufgrund seiner außerordentlichen Fähigkeit, Geschichten (aus der Bibel) zu erzählen, konnte er sich schnell eine Anhängerschaft aufbauen, die sich kurz darauf von Rodens "Branch Davidians" abspaltete. 

Während der Sekte: 1988 übernahm Howell mit seinem Teil der Sekte das Gelände auf Mount Carmel. Kurz danach änderte er seinen Namen in David Koresh – eine Anspielung auf den biblischen König David und den altpersischen Herrscher Kyros den Großen, die beide im Alten Testament mit dem Messias in Verbindung gebracht wird. 

Wer waren die Davidians? 

Vor David Koresh: Die Branch Davidians wurde 1928 von einem bulgarischen Migranten namens Vitctor Houteff gegründet. 1935 wurde das erste Hauptquartier der Glaubensgemeinschaft in der Nähe von Waco, Texas errichtet. Die Sekte glaubte an den Weltuntergang und die Wiedererrichtung des Königreichs Davids. Wenn der Tag des jüngsten Gerichts kommt, sind sie von Gott dazu auserwählt, die Welt zu führen. 

Während David Koresh: Aufgrund des charismatischen Mannes spaltete sich ein Teil der Sekte, der aus rund 130 AnhängerInnen bestand, vom Rest ab. Von diesen 130 Personen waren viele mit David Koresh verbunden. Etliche der Kinder wurden von ihm gezeugt. Mit über 20 Frauen und Mädchen soll Koresh verheiratet gewesen sein. Darunter auch Kinder, gerade mal zwölf Jahre alt.

Nach David Koresh: Heute gibt es kaum noch Branch Davidians, da die Sekte durch den Massaker-Skandal deutlich an MitgliederInnen verlor. 

Wie konnte es zu dem Massaker kommen?

Die Branch Davidians verloren über die Jahre immer wieder aufgrund ethischer und rechtlicher Überschreitungen MitgliederInnen. Diese zeigten nach ihrem Ausstieg die Sekte bei den Behörden wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern, Verstößen gegen Visabestimmungen und illegalen Waffenbesitzes an. Warum die Sekte Waffen besaß? Um sich gegen Konflikte mit weltlichen Mächten zu wappnen, die Koresh vorhersagte. Deshalb gehörte es zu den Pflichten eines Sektenmitglieds, das Schießen zu lernen. Die Davidians waren also nicht nur stark bewaffnet, sondern auch gut trainiert. 

Am 28. Februar 1993 sollten ebendiese Waffen beschlagnahmt werden. Doch der Sektenführer Koresh wusste Bescheid und eröffnete das Feuer auf die BeamtInnen – oder umgekehrt, denn heute behaupten beide Seiten, dass die anderen zuerst geschossen hätten. Bereits bei diesem Schusswechsel kamen mindestens vier FBI- und ATF-Agenten und zwei Mitglieder der Davidians ums Leben. Die Belagerung sollte noch 50 weitere Tage dauern und weitere 76 Menschenleben kosten.

Wie sind die 76 Menschen gestorben? 

Das FBI setzte alles daran, um die Situation zu beenden. Da ihre Einschüchterungsversuche – wie Schlafentzug durch Dauerlärm und die Zerstörung des umliegenden Geländes – erfolglos blieben, sprühten die US-amerikanischen Bundesbehörden Tränengas in das Gebäude. 

Plötzlich brannten die Holzhäuser lichterloh und die meisten SektenmitgliederInnen konnten den Flammen nicht entkommen. Nur neun der 85 Personen überlebten das Feuer. Ein Drittel der Toten waren Kinder. Auch Koresh selbst war unter den Toten. Die Behörden sagen, dass der Brand von den Davidians verursacht wurde und einen Massensuizid darstellt. Die Davidians-MitgliederInnen, die überlebt haben, behaupten, dass das Feuer durch das Tränengas ausgelöst wurde. 

Welche Folgen hatte die Waco-Tragödie? 

Die acht überlebenden Sektenmitglieder wurden in einem Gerichtsverfahren wegen Totschlag und illegalen Waffenbesitzes verurteilt. Seit 2007 sind sie wieder auf freiem Fuß. 

Zwei Jahre nach dem Brand, am 19. April 1995, zündete der Rechtsextremist und Staatsfeind Timothy McVeigh eine Autobombe vor einem Verwaltungsgebäude in Oklahoma City. Er tötete 168 Menschen und sagte später vor Gericht, das Attentat sei seine persönliche Rache für Waco gewesen.

Wo kann man "Waco" ansehen? 

"Waco: amerikanische Apokalypse" kann auf Netflix angesehen werden.