Ulrich Seidls "Sparta": Trotz Skandal weiter bei Filmfestival
Trotz der aktuell heiß geführten Debatte um die Dreharbeiten von Ulrich Seidls "Sparta" will das 70. Internationale Filmfestival von San Sebastian an der Vorführung des Werks wie geplant festhalten. "Sparta" läuft zwischen dem 16. und 24. September im offiziellen Wettbewerb des Filmfestivals.
Das "Bruderstück" zu Seidls vergangenem Film "Rimini" soll bei den nordspanischen Festspielen seine europäische Erstaufführung feiern. Die Weltpremiere ist indes für den kommenden Freitag (9. September) auf dem kanadischen Filmfestival von Toronto angesetzt. Der Kinostart ist nach jetzigem Stand für Frühjahr 2023 geplant.
Man bewerte Festivalbeiträge ausschließlich nach Interesse und Qualität und sei nicht in der Lage zu beurteilen, wie ein Film gedreht wurde und ob es während der Dreharbeiten zu Vergehen kam, antwortete die Festivalleitung auf Anfrage der APA. "Wenn jemand Beweise für ein Verbrechen hat, sollte er dies der Justiz melden. Nur ein Gerichtsbeschluss könnte dazu führen, dass wir eine geplante Vorführung aussetzen", hieß es weiter.
Vergangene Woche hatte der deutsche "Spiegel" über massive Vorwürfe seitens der jugendlichen rumänischen Laiendarsteller und deren Familien berichtet. Die Familien seien nicht korrekt über die Filmthematik Pädophilie informiert worden, Kinder am Set hätten sich unwohl gefühlt.
Laut "Spiegel", der Mitarbeiter Seidls wie Familien anonym zitiert, sei Eltern auch der Zutritt zum Set verweigert worden. Kinder hätten mit erwachsenen Darstellern unangenehme Szenen drehen müssen. Auch seien in Rumänien vorgeschriebene Auflagen zum Dreh mit Kindern wie etwa die Zustimmung von Kinderärzten und Psychologen nicht eingehalten worden.
Ulrich Seidl wehrt sich gegen die Vorwürfe. In einem der APA vorliegenden Statement spricht Seidl davon, dass vom "Spiegel" "unzutreffende Darstellung, Gerüchte oder aus dem Kontext gerissene Vorkommnisse am Set zu einem in keiner Weise den Tatsachen entsprechenden Zerrbild montiert" werden.
"Ich habe größten Respekt vor allen Darsteller*innen und niemals würde ich Entscheidungen treffen, die ihr körperliches und seelisches Wohlbefinden in irgendeiner Art und Weise gefährden", erklärte der österreichische Erfolgsregisseur, der rechtliche Schritte einleiten möchte.
Die Kinderdarsteller seien wie alle anderen Schauspielerinnen und Schauspieler niemals gedrängt worden, vor der Kamera Dinge zu tun, die sie nicht tun wollten. Auch seien die jugendlichen Darsteller durchgehend betreut worden. Und selbstredend seien die Eltern vor den Dreharbeiten über alle wesentlichen Inhalte des Films unterrichtet worden. Seidl stellt klar: "Nie haben wir beim Dreh die Grenzen des ethisch und moralisch Gebotenen überschritten."
"Sparta" handelt vom Mittvierziger Ewald (Georg Friedrich), der nach der Trennung von seiner Freundin in der rumänischen Einöde einen Neuanfang wagt. Dort baut er mit Dorfburschen aus der Umgebung ein verfallenes Schulgebäude auf und muss sich einer lange verdrängten Wahrheit stellen.
San Sebastian gehört nach Venedig, Cannes und Berlin zu den großen A-Filmfestivals. Neben Seidls "Sparta" befinden sich insgesamt 18 Filmbeiträge im Wettbewerb. Unter anderem auch "Winter Boy" mit der französischen Schauspielerin Juliette Binoche, die zusammen mit dem kanadischen Kult-Regisseur David Cronenberg heuer den Festival-Ehrenpreis für ihre Karriere erhält.
Das Filmfestival, dessen Jury in diesem Jahr von Hollywoodstar Glenn Close geleitet wird, endet am 24. September mit der Vergabe der "Goldenen Muschel". Das Festival schließt mit Neil Jordans neuem Detektivthriller "Marlowe" ab, in dessen Hauptrollen die Hollywoodstars Liam Neeson und Diane Kruger zu sehen sind.
Zum 70. Festivaljubiläum werden neben Liam Neeson, Diane Kruger und den Ehrenpreisträgern Cronenberg und Binoche auch Stars wie Penelope Cruz oder Olivia Wilde in der nordspanischen Küstenstadt erwartet. Vicky Krieps stellt in San Sebastian Marie Kreutzers neue Sisi-Verfilmung "Corsage" in der Sparte "Perls" vor.
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