Studie: Animationsfilme sind viel zu unsensibel gegenüber Schmerz
Animationsfilme wie "Toy Story", "Die Eiskönigin", "Die Unglaublichen" und "Ich – Einfach unverbesserlich" sind gerade in der Weihnachtszeit bei Familien sehr beliebt und auch das ganze Jahr über ein Renner bei Kindern und Jugendlichen.
Doch viele dieser populären Kinder- und Familienfilme sind laut einer aktuellen Studie viel zu gewalttätig und geben Kindern einen falschen soziokulturellen Kontext im Umgang mit Schmerz. Die Studie von einem Team aus britischen und kanadischen Psychologen der University of Bath wurde in dem internationalen Fachjournal "Pain" veröffentlicht.
Schockierende Ergebnisse
"Schockierend" seien die Ergebnisse der Studie, so die Studienautoren. "Wie Kinder Schmerz erleben, modellieren, verstehen und handhaben hat für sie als Individuen, aber auch für uns als Gesellschaft weitreichende Konsequenzen", erläutert Dr. Abbie Jordan von der University of Bath. "Schmerzen, insbesondere chronische Schmerzen, können das Leben von Kindern und Jugendlichen bis ins Erwachsenenalter stark beeinträchtigen."
Verzerrte Darstellung von Schmerz
In den untersuchten Filmen sehen Kinder demnach fast neun Vorfälle in der Stunde, bei denen Gewalt oder Schmerz im Spiel ist. Oft entwickeln die Charaktere in diesen Filmen keinerlei oder viel zu wenig Empathie gegenüber Gewalt und gehen mit Verletzungen von anderen Menschen viel zu unsensibel um.
Männliche Charaktere erfahren in diesen Filmen zudem wesentlich mehr Schmerz als weibliche Charaktere. In den meisten Fällen (rund 80 Prozent) wird der Schmerz durch Gewalt oder eine schwere Verletzung ausgelöst. Nur in 20 Prozent der Fälle handelt es sich um alltägliche Schmerzempfindungen wie etwa durch Stolpern oder leichte Schürfwunden.
Zu wenig Empathie bei Verletzungen
Diese unrealistische Darstellung von Schmerz werde zudem auch noch durch eine verzerrte Darstellung des Umgangs damit verschlimmert. In 75 Prozent aller Fälle von schmerzvollen Ereignissen passieren diese in Gegenwart andere Personen. Doch in 41 Prozent dieser Fälle reagieren die Charaktere in den Filmen gar nicht oder sehr unsensibel auf die beobachtete Verletzung eines anderen. Dadurch werde den Kindern jedoch eine völlig falsche Botschaft über den soziokulturellen Umgang mit Schmerz und Verletzungen von anderen vermittelt, warnen die Studienautoren.
Film- und TV-Produzenten sollen Gewalt-Darstellung überdenken
Diese Darstellung von Gewalt und dem Umgang mit Schmerzen in fiktiven Filmen sei von entscheidender Bedeutung, weil diese Film- und TV-Produktionen bei Kindern sehr populär sind und sich gerade in dieser entscheidenden Entwicklungsphase als prägend erweisen können. Die Studienautoren fordern daher Produzenten von Kinder- und Jugendfilmen auf, ihren nicht zu unterschätzenden Einfluss zu nutzen und die Darstellung von Gewalt und den Umgang mit Schmerz zu überdenken.
Die Studie hat zehn populäre Animationsfilme sowie populäre TV-Sendungen für Kinder analysiert. Unter den zehn Filmen waren die Pixar-Produktionen "Die Unglaublichen 2" (2018), "Alles steht Kopf" (2015), "Oben" (2009), "Findet Dorie" (2016), "Toy Story 3" (2010) und "Toy Story 4" (2019), die Disney-Filme "Zoomania" (2016) und "Die Eiskönigin" (2013) sowie die Illumination-Filme "Ich – Einfach unverbesserlich 2" (2013) und "Pets" (2016). Die Film- und Serienauswahl erfolgte mit Blick auf den ausgewogenen Zielgruppen-Fokus der Produktionen (Buben, Mädchen oder geschlechtsneutral).