"Star Trek: Picard": Aufbruch nach Freecloud

"Star Trek: Picard": Aufbruch nach Freecloud
Serien-Review: Am Ende der Episode "Das Ende ist der Anfang" startet Picard mit neuer Crew endlich in den Weltraum.

"Das Ende ist der Anfang" (OT: The End is the Beginning"), die dritte Folge von "Star Trek: Picard", ist der letzte Teil der einführenden Episoden-Trilogie. Am Ende bricht Jean-Luc Picard zu seiner diesmal ganz und gar nicht offiziellen Mission in die unendlichen Weiten des Weltraums auf. Die eigentliche Story rund um die Suche nach dem Vermächtnis von Data ist gut auf Schienen gestellt. Diesmal erhalten wir noch einige Hintergrundinfos zu vergangenen Ereignissen und vor allem über Raffi Musiker, die ehemalige Nummer eins von Admiral Picard an Bord der USS Verity. Aber auch auf dem Borg-Kubus der Romulaner gibt es interessante Entwicklungen.

Doch zuerst wie immer: SPOILER-ALARM! Wer die dritte Episode von "Star Trek: Picard" noch nicht gesehen hat, sollte unverzüglich die Spoiler-Schutzschilde hochfahren.

 

"Star Trek: Picard": Aufbruch nach Freecloud

Raffi Musiker

Der erneute Rückblick auf das Jahr 2385 macht deutlich, warum Picard (Patrick Stewart) die letzten 14 Jahre zurückgezogen und desillusioniert auf seinem Weingut verbracht hat. Damals hatte Picard dem Sternenflotten-Kommando einen Aktionsplan präsentiert, um die Rettungsaktion nach der Attacke der Androiden mit Hilfe von alten, wieder reaktivierten Schiffen doch noch durchzuführen. Dafür hat er seinen letzten Trumpf gezogen und mit Rücktritt gedroht, sollte sein Plan nicht umgesetzt werden.

Der Schock, dass die Sternenflotte den Rücktritt akzeptiert hat, sitzt offenbar immer noch tief.

Noch größer ist jedoch die Enttäuschung von Raffi Musiker (Michelle Hurd). Die Expertin für die Politik des Romulanischen Imperiums hat den Alternativplan mit Picard ausgearbeitet. Nach dem Rücktritt von Picard ging es offenbar auch mit ihrer Karriere in der Sternenflotte steil bergab.

14 Jahre später sucht Picard sie in einem Wohnwagen irgendwo im Nirgendwo auf, wohin sie sich nach ihrer Entlassung aus der Sternenflotte zurückgezogen hat. Ihren Lebensfrust ertrinkt sie in Alkohol, auf Picard ist sie nicht gut zu sprechen. Kein Wunder: Er hat nie an ihre Theorie von der romulanischen Verschwörung geglaubt, die Raffi von Anfang an hatte. Warum sollten die Romulaner ihre eigene Rettung sabotieren? Nun behauptet sie, Beweise zu haben, dass ein hoher Amtsträger der Föderation die Sabotage der Rettungsaktion zugelassen hat.

Raffi ist verbittert und beklagt, dass Picard sich in all den Jahren nie bei ihr gemeldet hat, erst jetzt, weil er ein nicht registriertes Raumschiff und einen Piloten braucht. Verständlich. Es zeigt auch einen ganz anderen Picard als wir ihn aus "The Next Generation" kennen.

Mehr über ihre Vergangenheit mit Picard – sie nennt ihn "J.L." – ist in dem "Star Trek"-Roman "Die letzte und einzige Hoffnung" und in der dreiteiligen Graphic-Novel "Star Trek Picard: Countdown" nachzulesen. Beide Geschichten sind in Zusammenarbeit mit den Machern der TV-Serie entstanden und zählen neuerdings zum "Star Trek"-Kanon.

 

"Star Trek: Picard": Aufbruch nach Freecloud

Soji und die Borg

Auf dem Borg-Kubus begleiten wir Soji (Isa Briones) bei ihrer Arbeit. Sie ist eine ausgebildete Anthropologin, hat sich aber auf die Resozialisierung von ehemaligen Borg-Drohnen spezialisiert. Dabei zeigt sie große Empathie mit den Opfern der Borg-Assimilation, was einen alten Bekannten aus den Tagen von "Star Trek: The Next Generation" beeindruckt: Hugh leitet die Resozialisierung der Ex-B's, wie die ehemaligen Borg-Drohnen genannt werden. Hugh wird wieder vom selben Schauspieler, Jonathan Del Arco, gespielt wie damals in der "Next Generation"-Episode "Ich bin Hugh".

Bei der Befragung einer Romulanerin namens Ramdha (Rebecca Wisocky), die vor ihrer Assimilierung eine anerkannte Expertin für altromulanische Mythen war, passieren mehrere seltsame Dinge, die spannende Fragen aufwerfen:

Ramdha befindet sich in einer geschlossenen Abteilung auf dem Borg-Kubus zur Resozialisierung ehemaliger Opfer der Borg-Assimilierung. Dort befinden sich laut Hugh sämtliche Romulaner, die jemals assimiliert wurden. Das würde bedeuten, dass die Borg nie eine Kolonie oder gar einen Planeten der Romulaner angegriffen haben. Wieso wurden die Romulaner von den Borg weitgehend verschont?

Soji weiß, dass Ramdha – und wohl auch die meisten anderen Romulaner in dieser Anstalt – auf dem letzten Raumschiff war, das dieser Borg-Kubus assimiliert hat. Bei der Assimilation ist demnach etwas passiert, das zum "Kollaps der Submatrix" des Borg-Kollektivs geführt hat ("Technobabble" in bester "Star Trek"-Tradition). Doch woher hat Soji diese Informationen? Sogar Hugh hatte davon keine Kenntnis und ist höchst überrascht. Später stellt sich sogar Soji selbst die Frage, wo sie diese offenbar geheimen Informationen gelesen hat.

Die verwirrte Ramdha meint Soji zu kennen, und zwar "aus dem Tag, der folgt" – also von morgen? Plötzlich rastet sie völlig aus. Auch die anderen Romulaner werden unruhig. Sie fragt Soji welche der beiden Schwestern sie sei: jene, die stirbt, oder jene die lebt? Dann nennt sie Soji die "Zerstörerin". Auch von dem Romulaner, der auf der Erde Picard attackiert hat, wird sie so genannt. Dass Ramdha tatsächlich (wie Soji vermutet hat) mit ihren Karten die Zukunft vorhersagen kann, halten wir für eher unwahrscheinlich. Vielmehr scheint ein Zusammenhang zu bestehen zwischen den alten Mythen der Romulaner, dem Geheimbund der Zhat Vash und Soji – und auch die Borg scheinen darin irgendeine Rolle zu spielen?

Erneut stellt sich auch die Mutter von Soji als Trugbild heraus. Denn Soji – besorgt über die Worte von Ramdha über die verstorbene Schwester – nimmt Kontakt mit ihr auf. Sie belügt Soji über das Schicksal von Dahj. Steckt Bruce Maddox hinter der vermeintlichen Mutter?

Und noch ein paar Worte zum Hipster-Romulaner Narek (Harry Treadaway): Die Szenen mit ihm und Soji - er flüstert ihr ins Ohr, dass er dabei ist sich in sie zu verlieben - lassen Schlimmes befürchten. Wir hoffen inständig darauf, dass uns eine seichte Seifenoper-Gefühlsduselei wie in "Star Trek: Discovery" diesmal erspart bleibt. Es würde auch dem Charakter von Soji dienlich sein, wenn sie das falsche Spiel von Narek durchschaut oder zumindest dem Hipster-Spion nicht wie ein naiver Teenager verfällt.  

"Star Trek: Picard": Aufbruch nach Freecloud

Die neue Crew

Gegen Ende der Episode formiert sich die neue Crew von Picard. Raffi stellt den Kontakt zum Piloten Captain Christobal Rios (Santiago Cabrera) her, dem auch das nicht registrierte Schiff gehört. Er wird ein wenig klischeehaft als knallharter und mürrischer "Badass"-Typ im Stil von Han Solo dargestellt (falscher Film!), der als Freunde nur zwei redselige Hologramme hat, die aussehen wie er (richtiger Film!). Außerdem hat er eine schwierige Vergangenheit mit der Sternenflotte. Damit passt er gut zu Raffi, die – wer hat etwas Anderes erwartet? – auch an Bord kommt. Doch sie will nicht bleiben, sucht nur eine Mitfahrgelegenheit. Mit Dr. Agnes Jurati (Alison Pill), der Kybernetik-Expertin des Daystrom-Institutes, ist das Team von Picard vorerst komplett.

Raffi beschwert sich bei Picard darüber, dass er Dr. Jurati einfach so an Bord bringt – ohne dass sie vorher von ihr überprüft wurde. Angesichts der Tatsache, dass sie zuvor Besuch von Commodore Oh (Tamlyn Tomita) bekommen hat, keine gute Idee von Picard. Sie hat ihm den Besuch zwar nicht verheimlicht, aber sie könnte dennoch ein Spitzel der Sternenflotte sein. Und wie wir bereits wissen, ist der Chefin des Sicherheitsdienstes der Sternenflotte nicht zu trauen: Oh ist vermutlich eine romulanische Spionin, bestenfalls eine Sympathisantin der Zhat Vash. Einmal mehr beweist Picard, dass seine Entscheidungen nicht mehr so wohlüberlegt und treffsicher sind wie in alten Tagen.

Picard, Raffi, Dr. Jurati und Rios starten in Richtung Freecloud. Denn dahin führen die Spuren von Bruce Maddox und dort will auch Raffi wieder von Bord gehen. Doch was Raffi dort will und worum es sich bei diesem mysteriösen Ort handelt, ist bisher völlig unklar.