"Sebastian Fitzeks Die Therapie": Das komplizierte Ende erklärt
In den Dunkelkammern der menschlichen Psyche herumstöbernd, perfide Spannung, überraschende Twists, komplexe Enden: Erfolgsautor Sebastian Fitzek weiß, was einen guten Psychothriller und einen Page-Turner ausmacht. Sein Debütroman "Die Therapie" von 2006 macht da keine Ausnahme, seit kurzem ist der Thriller als sechsteilige Miniserie auf Prime Video zu sehen – unter anderem mit Stephan Kampwirth und Helena Zengel.
Weil das bei Fitzeks Geschichten ganz praktisch sein kann, erklären wir euch das Ende der Serie. Kleiner Spoiler: Dieser Artikel lohnt sich auch dann, wenn ihr bereits das Buch gelesen habt – denn das Finale im Roman unterscheidet sich ein bisserl vom Finale am Bildschirm ...
Die Wahrheit des Viktor Larenz
Dreh- und Angelpunkt von "Die Therapie" ist das plötzliche Verschwinden von Josy, der Tochter des Psychotherapeuten Viktor Larenz. Natürlich setzt der besorgte Vater Himmel und Hölle in Bewegung, um Josy wiederzufinden, was ihm jedoch nicht gelingt. Viele Jahre später quält ihn der (ungeklärte) Verlust weiterhin, seine Ehe ist in die Brüche gegangen. Er lebt alleine und zurückgezogen auf einer Insel.
Der große Twist des verschachtelten Plots: Viktor selbst ist für das Verschwinden seiner Tochter verantwortlich. Er leidet an Schizophrenie und dem Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom, beides ausgelöst durch traumatische Kindheitserlebnisse (der Vater verlässt die Familie, die Mutter begeht daraufhin Suizid – das erklärt seine Visionen der blutüberströmten Badewanne). Die Insel, Viktors Zufluchtsort, existiert nur in seinem Kopf – denn seit Josys Verschwinden befindet er sich in einer psychiatrischen Anstalt.
Was ist mit Josy wirklich geschehen?
Aufgrund seiner schwierigen Kindheit ist Viktors Psyche von immensen Verlassensängsten geprägt, weshalb er nicht damit umgehen kann, dass seine Tochter langsam erwachsen wird. Getrieben vom Münchhausener-Stellvertreter-Syndrom vergiftet er Josy nach und nach, um sie zum einen an sich zu binden, zum anderen aber auch, um Aufmerksamkeit zu erregen. Durch die gekoppelte Krankheit der Schizophrenie lagert Viktor sein Tun aber aus und ist überzeugt davon, seine Frau Isabell würde Josy vergiften.
Viktor möchte Josy schützen und sie vor Isabell verstecken, ertränkt sie dabei aber unabsichtlich (oder glaubt es zumindest). Er verdrängt den "Tod" (no worries, dazu gleich mehr!) von Josy und bildet sich ein, sie gerettet zu haben. Mit dem Hirngespinst von Josy fährt er zum Kinderarzt, um sie untersuchen zu lassen.
In Wirklichkeit war Viktor also von Beginn an ganz allein in der Arztpraxis (die man in der allerersten Szene der Serie gesehen hat), Josy war nie dort. Das erklärt auch, wie ein Mädchen unbemerkt und spurlos aus einer gut frequentierten Praxis verschwinden kann. Und wieso der Arzt und die Sprechstundenhilfe so verwundert auf den panischen Viktor reagieren.
Wer ist Anna Spiegel?
Nomen est omen: Anna Spiegel, die Viktor auf der "Insel" aufsucht, existiert in Wirklichkeit auch nicht und ist nichts anderes als der Spiegel seiner eigenen Psyche. Die Therapie, die Viktor mit Anna beginnt, ist also im Grunde eine Selbsttherapie, möglich durch sein beruflich fundierte Wissen. Viktor versucht, sich selbst zu heilen. Spricht er mit Anna, spricht er – in seinem Kopf – eigentlich mit sich selbst. Nun überrascht es auch nicht, wieso es so viele Parallelen zwischen Annas Leben bzw. ihren Romanen und Viktors Leben gibt.
Josy und Isabell
Euch raucht schon der Kopf aufgrund der zahlreichen Twists? Sorry, es geht noch weiter: Josy ist gar nicht tot. Viktor hätte sie zwar tatsächlich beinahe ertränkt, doch Isabell findet das bewusstlose Mädchen und kann sie – unbemerkt von Viktor, der da schon auf dem Weg zur Arztpraxis ist – in letzter Sekunde wiederbeleben.
Schon länger ist Isabell Viktors eigenartiges Verhalten aufgefallen. Unterstützt vom Familienanwalt tut sie das für sie einzig Richtige: Sie lässt Viktor in dem Glauben, Josy getötet zu haben, und taucht mit ihr im Ausland unter. Unter Druck gesetzt von Viktors Arzt Doktor Roth (übrigens wiederum ein Spiegel von Viktors Problemen) gesteht sie am Ende ihrem Ex-Mann ihr Handeln – und zur Überraschung beider Männer steht plötzlich die lebendige Josy vor ihnen.
Vater und Tochter sind also wieder vereint, Viktor aber bleibt Patient in der Klinik, da er seine psychischen Krankheiten nach wie vor nicht im Griff hat – was auch die letzte Szene der Serie zeigt: Viktor zieht sich in seinem Geist erneut auf die idyllische Insel zurück, gemeinsam mit Tochter Josy (die ihn in der Klinik besucht).
Unterschied zwischen Roman und Serie
Die Rolle der Isabell ist – aufgrund des persönlichen Wunsches von Autor Fitzek, wie er film.at im Interview verriet – in der Serie eine andere als im Roman. Eben dort stellt sich heraus, dass Isabell nur deshalb untertauchte und Viktor den Mord an Josy anhängte, um an dessen Reichtum zu kommen. Ihr Motiv ist also Habgier.
In der Serie wird Isabell in einem besseren Licht dargestellt: Sie handelt aus Sorge um ihre Tochter. Sie kann Viktors irrationale Handlungen nicht einschätzen und ist überzeugt davon, er könne ihr und Josy etwas antun – womit sie nicht Unrecht hat. Nur deshalb versteckt sie sich und ihre Tochter vor ihm. Ihr Motiv ist also Angst und Mutterliebe.
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