Wer gewinnt die Oscars 2022? Das sind unsere Prognosen
Wer wird heuer beim Oscar-Rennen siegen? Nicht nur von Seiten der BuchmacherInnen wurden entsprechende Prognosen abgegeben, sondern auch ich möchte meine Vorlieben und Wunsch-KandidatInnen benennen.
Dabei beschränke ich mich allerdings auf die Haupt-Kategorien und lassen zunächst jeweils einen Überblick über die nominierten Werke oder Personen vorhergehen, ehe ich meine Wunschvorstellungen nenne.
Bester Film
- "Belfast"
- "CODA"
- "Don't Look Up"
- "Drive My Car"
- "Dune"
- "King Richard"
- "Licorice Pizza"
- "Nightmare Alley"
- "The Power of the Dog"
- "West Side Story"
Ein opulentes SciFi-Epos, ein Film Noir, ein Biopic über den Vater von Tennisstars oder ein Musical? Diese Auswahl ist längst nicht komplett, denn die Hauptkategorie hat auch ein Coming-of-Age-Drama unter Gehörlosen zu bieten oder eine Rückkehr in die frühen 1970er-Jahre.
1969 ist aber für meine Begriffe noch verlockender, denn in diesem Jahr siedelt Kenneth Branagh seine Kindheits-Erinnerungen an. Das schwierige Erwachsenwerden in Belfast, wo blutige Unruhen zwischen Katholiken und Protestanten ausbrechen, wird von dem Regisseur in nostalgischem Schwarz-Weiß gefilmt und lädt uns zu einer faszinierenden Zeitreise ein.
Es ist einfach bewundernswert, mit welcher Liebe zum Detail hier diese über ein halbes Jahrhundert zurückliegende Zeit wieder zum Leben erweckt wird, und Branagh hat sich für seine Erinnerungsarbeit einen Oscar in der Königs-Kategorie verdient.
Von BuchmacherInnen-Seite gilt hingegen als Anwärter für den besten Film in diesem Jahr "The Power of the Dog".
Beste Regie
- Kenneth Branagh "Belfast"
- Ryusuke Hamaguchi "Drive My Car"
- Paul Thomas Anderson "Licorice Pizza"
- Jane Campion "The Power of the Dog"
- Steven Spielberg "West Side Story"
Wenn eine neuseeländische Regisseurin einen Film über amerikanische Cowboys dreht, ist das schon etwas Besonderes. Noch dazu unterläuft Jane Campion in "The Power of the Dog" die gängigen Klischees und setzt auf die leisen Zwischentöne. Keine der Figuren ist in der Netflix-Produktion eigentlich so, wie sie auf den ersten Blick erscheinen würde.
Benedict Cumberbatch wird zwar als brutaler Rancher eingeführt, der seinen Bruder, dessen Ehefrau und deren Sohn zur Verzweiflung treibt, doch allmählich erkennen wir, was den rauen Cowboy im Innersten bewegt. Der junge Sohn hingegen mag zwar wie ein Schwächling wirken, wird aber eine unglaubliche Stärke an den Tag legen, und alles tun, um seine Mutter zu schützen. Für diese geschickte Irreführung und die Neudefinition eines altvertrauten Genres hat sich Jane Campion den Oscar für die beste Regie verdient.
Mit dieser Meinung bin ich nicht alleine, denn auch von BuchmacherInnen-Seite ist Campion die klare Oscar-Kandidatin.
Bester Hauptdarsteller
- Javier Bardem "Being the Ricardos"
- Benedict Cumberbatch "The Power of the Dog"
- Andrew Garfield "Tick, Tick ... Boom!"
- Will Smith "King Richard"
- Denzel Washington "Macbeth"
Obwohl ich gegen einen singenden Andrew Garfield nichts einzuwenden habe, liegt mit in dieser Kategorie doch Benedict Cumberbatch wesentlich näher. Unter Jane Campions Regie hat sich der Brite von einer Seite gezeigt, die wir so an ihm noch nie gesehen haben.
Immerhin hat er sich für seine denkwürdige Darstellung des spröden Cowboys mit dem gut verborgenen Innenleben seine zweite Oscar-Nominierung eingehandelt und um zu empfinden, dass diese Auszeichnung für Cumberbatch längst überfällig ist, braucht man gar nicht den Spürsinn eines Sherlock Holmes zu besitzen.
Laut Wett-Quoten ist hingegen Will Smith der aussichtsreichste Kandidat für einen Hauptdarsteller-Oscar.
Beste Hauptdarstellerin
- Jessica Chastain "The Eyes of Tammy Faye"
- Olivia Colman "The Lost Daughter"
- Penelope Cruz "Parallel Mothers"
- Nicole Kidman "Being the Ricardos"
- Kristen Stewart "Spencer"
Ich muss zugeben, dass ich bei dieser Kategorie voreingenommen bin, da ich Olivia Colman aus ganzem Herzen einen zweiten Oscar gönnen würde – schon allein, um ihre eigene Reaktion anlässlich der Entgegennahme des ersten Goldjungen für "The Favourite" Lügen zu strafen, denn 2019 sagte sie in ihrer Dankesrede: "Das wird bestimmt nicht wieder vorkommen."
"The Lost Daughter" ist eine wunderbare Gelegenheit, um Colman zur Wiederholungs-Preisträgerin werden zu lassen, da sie in dem Psychodrama von Maggie Gyllenhaal wirklich alle Facetten ihrer Schauspielkunst zeigen darf.
Bei den Oscars-Wetten 2022 liegt laut BuchmacherInnen Jessica Chastain klar an vorderster Stelle.
Bester Nebendarsteller
- Ciarán Hinds "Belfast"
- Troy Kotsur "CODA"
- Jesse Plemons "The Power of the Dog"
- J.K. Simmons "Being the Ricardos"
- Kodi Smit-McPhee "The Power of the Dog"
Der junge Australier Kodi Smit-McPhee verfügt nicht nur über ein einprägsames Gesicht, sondern punktet auch als Charakter-Darsteller. In der fordernden Rolle eines sensiblen Sohnes, der durch seinen Stief-Onkel (Benedict Cumberbatch) zunächst drangsaliert wird, aber dann dessen Zutrauen gewinnt, zeigt er, dass hinter einer zerbrechlich wirkenden Oberfläche mitunter ein harter, unbeugsamer Charakter liegen kann. Außerdem hat es der Film "The Power of the Dog" einfach verdient, in so vielen Kategorien wie möglich ausgezeichnet zu werden.
In dieser Kategorie führt laut BuchmacherInnen der gehörlose Darsteller Troy Kotsur das Ranking an.
Beste Nebendarstellerin
- Jessie Buckley "The Lost Daughter"
- Ariana DeBose "West Side Story"
- Judi Dench "Belfast"
- Kirsten Dunst "The Power of the Dog"
- Aunjanue Ellis "King Richard"
Als Frau unter extremen Stress zeigt Jessie Buckley in "The Lost Daughter" ihr Können. Sie spielt die jüngere Version der von Olivia Colman verkörperten Hauptfigur und kommt dabei mit ihrem Studium, dem Übersetzungsjob und der Kindererziehung gehörig ins Trudeln. Als ihr die Probleme über den Kopf zu wachsen drohen, beginnt sie eine Affäre mit einem Uni-Angehörigen und trifft eine radikale Entscheidung.
Buckley scheut nicht davor zurück, sich körperlich und seelisch zu entblößen, weshalb sie bei mir in dieser Kategorie den stärksten Eindruck hinterlassen hat. Ich würde ihr den Oscar sofort zusprechen.
Für die BuchmacherInnen ist hingegen Ariana DeBose hier die Favoritin.
Bestes adaptiertes Drehbuch
Nach Frank Herberts mehrteiligem Romanzyklus, der etliche tausend Seiten umfasst, hat Denis Villeneuve gemeinsam mit zwei Co-Autoren einen vielversprechenden Auftakt zu einem ausufernden SciFi-Epos geliefert. Zunächst mussten die viele Figuren eingeführt und eine komplexe Vorgeschichte erzählt werden, um die künftigen Ereignisse zu motivieren. Diese Aufgabe hat der Regisseur perfekt gemeistert und wenn "Dune" auch in den anderen Haupt-Kategorien vermutlich leer ausgehen wird, hat sich das Drehbuch einen Goldjungen verdient.
Jane Campion führt hingegen auch diese Kategorie an, wenn man auf die BuchmacherInnen hört.
Bestes Original-Drehbuch
Paul Thomas Anderson hat sich wieder einmal als exzellenter Autor erwiesen, wenn er in "Licorice Pizza" mit scheinbar leichter Hand ein lockeres Gewebe aus Geschichten über ein ungleiches Liebespaar spinnt. Die Coming-of-Age-Story des Teenager-Jungen Gary (Cooper Hoffman) wird zu einer stimmungsvollen Zeitreise in die Siebziger und bietet dank der episodischen Struktur des Films etliche skurrile oder witzige Höhepunkte. Hier ist einfach alles meisterhaft miteinander verwoben, daher hat Anderson in meinen Augen auch gute Chancen auf den Drehbuch-Oscar.
Laut BuchmacherInnen wird sich hier ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen "Belfast" und "Licorice Pizza" ergeben.
Wer die Preise nun tatsächlich erhält, entscheidet sich bei der Oscar-Gala, deren Live-Übertragung aus dem Dolby Theatre in Los Angeles bei uns in den frühen Morgenstunden des 28. März zu sehen sein wird.