ORF: Das müsst ihr für 2024 wissen
"Alles neu im ORF", ist man verlockt zu sagen, wenn man auf 2024 blickt. Ganz so ist es freilich nicht, aber viel verändert sich für den öffentlich-rechtlichen Medientanker definitiv. Mit der Umstellung der gerätegekoppelten GIS-Gebühr auf einen ORF-Beitrag als Haushaltsabgabe kommt jeder in Berührung. Ob der ORF mit seinen neuen digitalen Möglichkeiten wie einer Streamingplattform namens "ORF ON" und einem neuen Onlinekinderkanal auch alle erreicht, wird sich zeigen.
Haushaltsabgabe ab 01. Jänner
Die großen Veränderungen im ORF wurden vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) angestoßen. Das Höchstgericht hatte beschlossen, dass die Streaminglücke - also die reine Onlinenutzung von ORF-Programm, ohne die GIS-Gebühr zu entrichten - geschlossen werden müsse. Die türkis-grüne Regierung entschied sich daraufhin für eine Haushaltsabgabe. Damit müssen ab 1. Jänner alle Haushalte zahlen, sofern keine Befreiung - etwa wegen geringen Einkommens - vorliegt. Nebenwohnsitze sind ausgenommen.
Für alle Unternehmen abseits von Einpersonenunternehmen tritt eine Staffelung des ORF-Beitrags in Kraft. Dadurch, dass künftig wohl grob 600.000 Haushalte mehr als derzeit zahlungspflichtig sind, kann der ORF-Beitrag sinken, um die Nettokosten des öffentlich-rechtlichen Auftrags zu erfüllen. Konkret sind künftig 15,30 Euro, anstatt 18,59 Euro fällig. In mehreren Bundesländern wird jedoch noch eine unterschiedlichen Zwecken zufließende Landesabgabe aufgeschlagen.
Online-first und online-only
Mit den Gebühren darf der ORF künftig stärker den digitalen Raum beackern. Denn das neue ORF-Gesetz schreibt etwa einen neuen Onlinekinderkanal vor und ermöglicht dem ORF auch Sendungen online-first und in beschränktem Ausmaß auch online-only bereitzustellen. Der ORF reagiert auf die neuen Möglichkeiten mit einer Streamingplattform namens "ORF ON", die mit Jahresanfang startet und im April die ORF-TVthek gänzlich ablösen soll. ORF ON soll laufend um Features erweitert werden, wobei auch das Feedback der Nutzerinnen und Nutzer gefragt ist.
Freude bereitet dem ORF, dass Inhalte auf der Plattform künftig länger als sieben Tage zum Abruf bereitstehen dürfen. Kinderprogramm und manche Dokumentationen dürfen unbegrenzt online sein, andere Inhalte bis zu einem halben Jahr. Der ORF will nicht nur für frische Ware – wie etwa in Form der zehnteiligen Serie "Biester" aus der Feder des "Vorstadtweiber"-Machers Uli Brée – sorgen, sondern auch alte Klassiker und zahlreiche Dokumentationen bereitstellen.
Mehr Bewegt- und Audioinhalte auf ORF.at
Während "ORF ON" auf längere Formate abzielt, soll ORF.at weiterhin dem Tagesgeschehen gewidmet sein. Dabei wird die reichweitenstärkste Nachrichtenseite des Landes markant umgebaut. Das ORF-Gesetz schreibt künftig mehr Bewegt- und Audioinhalte auf der "blauen Seite" vor, während der Textanteil zurückgefahren werden muss und bei 350 Meldungen pro Woche gedeckelt ist.
Mit dieser Bestimmung kam der Gesetzgeber speziell den Verlegern entgegen, die seit langem monierten, dass ORF.at zu zeitungsähnlich sei und ihnen den Aufbau von eigenen lukrativen Onlineseiten erschwere. ORF.at soll aber laut der ORF-Geschäftsführung trotz reduziertem Umfang wie bisher einen raschen Überblick über die Nachrichtenlage liefern. Der oberste Teil der Seite soll mit Videos bespielt werden. Auch ein Nachrichtenüberblick in Audioform wird auf der Startseite von ORF.at zu finden sein.
Für Aufsehen sorgte auch die neue Bestimmung im ORF-Gesetz, dass die Spitzengehälter im öffentlich-rechtlichen Medienhaus namentlich offengelegt werden müssen. Konkret werden Bruttojahresbezüge ab 170.000 Euro aufwärts samt Nebeneinkünften veröffentlicht. Das Gehalt von ORF-Chef Roland Weißmann beträgt laut dessen Aussage rund 380.000 Euro im Jahr. Er dürfte damit aber von Corporate-Social-Responsibility-Chef Pius Strobl übertrumpft werden. Dem Betriebsrat ist die Offenlegungspflicht ein Dorn im Auge. Er dürfte dagegen vorgehen.
Gehaltsänderungen im ORF
Unterdessen haben sich Betriebsrat und ORF-Spitze kurz vor Weihnachten auf die Valorisierung der Gehälter und Honorare für das Jahr 2024 verständigt, die in Summe 7 Prozent betragen soll. 2022 war man übereingekommen, die ORF-Kollektivverträge in zwei Schritten um insgesamt 4,5 Prozent anzuheben - mit 1. Jänner 2023 um 2,1 Prozent, mit 1. Jänner 2024 um weitere 2,4 Prozent. Letzterer Wert wurde nun um weitere 4,6 Prozent erhöht. Auch eine "Teuerungsprämie" wurde vereinbart.
Für den Betriebsrat laut interner Mitteilung ein schmerzlicher, aber gerade noch vertretbarer Kompromiss. Schließlich werden selbst für diese im Vergleich zu anderen jüngst erzielten KV-Ergebnissen moderate Anhebung automatische Gehaltsvorrückungen verschoben und Pensionsbeiträge gekürzt.
Auch personell hat und wird sich so einiges tun. Im Dezember haben die drei neuen Chefredakteure Johannes Bruckenberger, Gabriele Waldner-Pammesberger und Sebastian Prokop das Ruder im multimedialen Newsroom übernommen. Früh im Jahr dürften dann Personalia eine Ebene darunter bekannt gegeben werden. Die Ausschreibung für fünf multimediale Ressortleiterposten ist jedenfalls schon erfolgt.
Und letztlich könnte 2024 auch eine Änderung beim Bestellmechanismus der ORF-Gremien mit sich bringen. Erneut hat der VfGH eine Entscheidung gefällt: Die Regierung hat zu viel Gewicht bei der Bestellung von ORF-Stiftungsrat und -Publikumsrat. Eine Reparatur ist bis März 2025 vonnöten. Noch ist unklar, ob diese von der gegenwärtigen türkis-grünen Regierung in Angriff genommen wird oder erst die künftige Regierung nach den Nationalratswahlen tätig wird.