Weshalb Phase 4 die bisher schlechteste des MCU ist

„Eternals“
Kevin Feige hat endlich öffentlich zugegeben, dass Phase 4 des MCU nicht das Gelbe vom Ei ist. Wir müssen ihm Recht geben.

Die fetten Jahre sind vorbei: Das gilt derzeit nicht nur für unsere Geldbörserl, sondern auch fürs MCU. Das ist mittlerweile auch bis in die Chefetage bei Marvel durchgedrungen, denn endlich hat auch MCU-Mastermind Kevin Feige (nämlich bei der San Diego Comic Con) selbst zugegeben, dass Phase 4 "a mess" sei, wie "Screen Rant" berichtet. 

Und ja, er hat sowas von Recht. Kevin ist weder allein zu Haus noch steht er allein mit seiner Meinung dar.

Ein kurzer Blick zurück

Nach dem Abschluss der "Infinity"-Saga mit dem Mega-Comic-larger-than-life-wir-denken-heute-noch-jede-Minute-dran-Spektakel "Avengers: Endgame" war die Welt gespannt, wie sich das Marvel Cinematic Universe weiterentwickeln würde, nachdem nicht nur Black Widow und Thanos, sondern allen voran Avengers-Chef (sowie MCU-Gesicht) Tony Stark das Zeitliche segneten.

Von 2008 bis 2019, ganze elf Jahre lang, kehrten wir unserem eigenen Leben und dem faden Alltag den Rücken, um vollends ins MCU einzutauchen und mit unseren HeldInnen zu lieben, zu kämpfen, zu leiden und zu lachen. Das MCU bereicherte nicht nur die Kinolandschaft, es war die Kinolandschaft. Es war das neue "Star Wars", top of the game und hat den ewigen Konkurrenten DC weit hinter sich gelassen. Doch wohin kann es gehen, wenn man schon ganz oben ist? Richtig: Nur steil nach unten.

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Absturz nach "Endgame"

Die Phase 4 des MCU enttäuschte nämlich – fast – durch die Bank. Das muss auch der größte Marvel-Fan eingestehen. Nach frenetischen Jubelschreien (okay, wir übertreiben etwas) in den Jahren davor, wurde diese Phase bis jetzt äußerst kontrovers sowohl von Publikum als auch KritikerInnen aufgenommen. 

Der gemeinsame Konsens, kurz zusammengefasst: Man könne sich dem Gefühl nicht verwehren, dass Marvel aka Feige nicht recht wusste, in welche Richtung sich das MCU nach "Endgame" entwickeln sollte. Dass der rote Faden die Einführung des Multiversums sein würde, war zwar mit "Loki" und "Spider-Man: No Way Home" recht bald klar, aber der ganz enge Zusammenhalt zwischen den einzelnen Storys schien doch zu fehlen. Führte das ganze irgendwo hin, was wir da präsentiert bekamen? Auch die großen Events blieben aus. 

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Phase 4 hat ein Identitätsproblem

Auch schien sich Feige nicht mehr sicher zu sein, was Phase 4 eigentlich darstellen solle. Einen Neubeginn? Eine Nachwirkung von "Endgame"? Die Einführung neuer Charaktere oder die endgültige Verabschiedung von alten HeldInnen? Irgendwie war's am Ende eine Mischung aus allem, die Phase fühlt sich wie eine wackelige Brücke zwischen Phase 3 und 5 an. Vielleicht war das ja Absicht, attraktiv ist das jedenfalls nicht. Wir wollen ein Kino-Universum, das weiß, was es will! Ansonsten können wir gleich beim DCEU bleiben.

Zudem – das wiegt vielleicht am allerschwersten – konnten die Produktionen die (zugegeben sehr hohen) Qualitäts-Erwartungen nicht erfüllen. "Black Widow" lieferte nur äußerst bedingt die so ersehnte Charakterstudie und ein Eintauchen in die Psyche der Titelheldin. "Doctor Strange in the Multiverse of Madness" war viel zu überladen, kompliziert und weckte mit dem Titel im Grunde falsche Hoffnungen. "Thor: Love and Thunder" gelang es nicht, die richtige Balance zwischen Humor und Drama zu finden und war ein einziges Augenzwinkern, das es unmöglich machte, noch klar zu sehen. Und "Eternals"? Ein durchgängiges Snooze-Fest.

Vielleicht liegt das daran, dass man sich in Phase 4 stark auf Serien konzentrierte, mit denen erstmals vollkommen neue Figuren ins MCU eingeführt wurden. Doch auch hier: "Falcon and the Winter Soldier", "Hawkeye", "Moon Knight" (vor allem!), "Ms. Marvel" und auch "What If ...?" waren nicht mehr als Durchschnittsware, die das ewig Selbe vom ewig Gleichen präsentierten und bei weitem nicht so progressiv und spektakulär waren, wie man uns im Vorfeld versprochen hatte. "She-Hulk" (dieses CGI!) und "I am Groot" (jo, eh lieb) starten im August – doch die Trailer laden nicht gerade zu Freudensprüngen ein. 

Anders ausgedrückt, war das MCU war dem Lady-Gaga-Effekt zum Opfer gefallen: Der Hype war größer als das Endprodukt, das Potenzial nicht ausgeschöpft, obwohl es doch so eindeutig da wäre. 

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Es gab auch Positives (sort of)

Aber Halt, wir wollen fair bleiben: Es gab auch Lichtpunkte während Phase 4. "WandaVision" und "Loki" wagten sich tatsächlich auf neues Terrain und waren/sind Entertainment-Eskapismus erster Güte. Auch "Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings" präsentierte (mit Abstrichen) ein bombastistisches Spektakel. Derzeit sieht zudem alles danach aus, als würde "Black Panther: Wakanda Forever" Phase 4 mit einem (nostalgischen) Knaller abschließen.

Und dann ist da natürlich der Mega-Erfolg "Spider-Man: No Way Home", der uns aus der Pandemie-Lethargie riss und uns endlich wieder in Massen in die Kinos strömen ließ. Ja, der Film machte das bisher Unmögliche möglich, verband eigentlich getrennte Kino-Universen miteinander und war Action-Knaller, sympathische Comedy und Tränendrücker in einem.

Doch seien wir uns ehrlich: Ohne dem Fanservice und den massiven Nostalgie-Faktor würde von "NWH" nichts mehr als eine erneut durchschnittliche Handlung mit allglatten Erzählsträngen übrig bleiben.

Findet das MCU zu alter Stärke zurück?

Also: Ja, wir müssen Kevin Feige zustimmen. Phase 4 war eher nix. Aber wie so oft im Leben kann auch bei Marvel wieder Sonnenschein nach Regen kommen. Phase 5 und 6 versprechen spannend zu werden und mit der frühen Ankündigung der kommenden Time-Line des MCU hat Feige unterstrichen (und genau das bezweckte er ja auch damit), dass das MCU sehr wohl weiterhin einen Plan habe. Und wisse, welche Richtung man einschlagen wird. 

Hoffen wir einfach mal, dass Feige warnende Verkehrsschilder lesen kann und nicht gegen die Einbahn fährt. Oder sich in einer Sackgasse wiederfindet.