Das ist die wahre Geschichte hinter "Enola Holmes 2"
Ihr habt es bestimmt auch schon mitbekommen, denn die ganze Welt – und insbesondere Twitter – spricht darüber (und sitzt vorm Netflix-Bildschirm): Millie Bobby Brown ist als Sherlocks kleine Schwester Enola Holmes zurück und löst am roten Streamingdienst wieder rätselhafte Geheimnisse. Ganz wie der große Bruder eben.
In "Enola Holmes 2" eröffnet die junge Spürnase ihre eigene Detektei und wird prompt nicht nur mit der kalten Realität des Erwachsenendaseins konfrontiert, sondern auch mit einem in ärmlichen Verhältnissen lebenden Mädchen namens Bessie Chapman, das seine verschwundene Schwester Sarah finden möchte.
Schnell wird Enola bewusst: Dieser Fall gestaltet sich weitaus mysteriöser als erwartet und macht sie mit einer gefährlichen Welt bekannt – von Londons düsteren Fabriken und bunten Musikhallen bis hin zu den höchsten Rängen der Gesellschaft oder zur 221B Baker Street. Als sich eine tödliche Verschwörung ausbreitet, wird es eng für Enola ...
"Enola Holmes 2" basiert auf wahrer Begebenheit
Die Story klingt ganz schön abgefahren, zugegeben. Und doch – ja, wir waren ebenfalls überrascht! – basiert "Enola Holmes 2" auf einer wahren Geschichte, auch wenn sich die AutorInnen natürlich so einige dramaturgische Freiheiten erlaubt haben, denn wir sind hier schließlich bei Netflix und nicht im Geschichtsunterricht.
"Enola Holmes 2" erzählt im Kern (abgesehen vom Erwachsenwerden mit feministischen Untertönen) vom "Streik der Streichholz-Frauen" ("matchgirls' strike"). Dieser Streik, an dem 1.400 Frauen teilnahmen, fand tatsächlich im London des Jahres 1888 in der Fabrik "Bryant & May" statt. Streichholzfabriken waren zur damaligen Zeit ein wichtiges Standbein der Wirtschaft, in denen vor allem Frauen ihr hart erarbeitetes Geld verdienten.
"Hart erarbeitet" ist in diesem Fall nicht nur eine Floskel, sondern könnte treffender nicht sein: Die gesundheitliche Belastungen aufgrund des (vor allem weißen, sehr schädlichen) Phosphors waren enorm, viele Frauen erkrankten nicht nur an Phosphornekrosen und Typhus-Infektionen, sondern erlitten vermehrt Fehlgeburten. Auch Zahnerkrankungen waren unter den Fabrikarbeiterinnen (und teils deren Familien) keine Seltenheit. Lange Arbeitszeiten (bis zu 14 Stunden täglich!) und schlechte Bezahlungen machten die Arbeit für die Frauen zusätzlich zur Qual.
Der "Streik der Streichholz-Frauen" ging in die Geschichte ein, veränderte die britische Arbeiterbewegung nachhaltig und führte sogar zu besseren Bezahlungen. Auch eine Formierung der frühen britischen Gewerkschaften war eine Folge. Schon vor dem Streik wurden nach und nach, wenn auch sehr langsam, die Gesetze für Arbeitsschutz in mehreren Ländern reformiert.
"Enola Holmes 2": Wer war Sarah Chapman?
Sarah und Bessie Chapman arbeiten in "Enola Holmes" ebenfalls in einer Streichholzfabrik und sind den dort vorherrschenden menschenunwürdigen Bedingungen ausgesetzt. Das war's aber noch nicht mit der historischen Authentizität, die in "Enola Holmes 2" das Salz in der unterhaltsamen Detektiv-Suppe ist. Denn bei Sarah Chapman handelt es sich um eine reale Person.
Chapman wurde 1862 in London geboren und gilt heute als eine der Anführerinnen im "Streik der Streichholz-Frauen" der Fabrik Bryant & May im Jahr 1888. Gemeinsam mit acht anderen Frauen (Mary Naulls, Mary Cummings, Sarah Chapman, Alice Francis, Kate Slater, Mary Driscoll, Jane Wakeling und Eliza Martin) bildete Chapman das Streik-Komitee.
Sie setzten sich dafür ein, dass ihr Ansuchen öffentlich Gehör fand. Sie sicherten sich Unterstützung von Personen in hohen öffentlichen Ämtern – mit Erfolg, denn sie konnten ihre Forderungen durchsetzen. Und das in einer Zeit, in der ein selbstbestimmtes Leben für Frauen alles andere als die Regel war.
Chapman gründete daraufhin mit anderen Frauen aus dem Streik eine eigene Gewerkschaft, die zur damals größten Frauengewerkschaft Großbritanniens wurde. 1891 heiratete Chapman einen Tischler, mit dem sie insgesamt sechs Kinder hatte. Eine Affäre mit dem Sohn des Fabrikbesitzers, wie wir sie im Film sehen, ist nicht bekannt und mit ziemlicher Sicherheit erfunden.
1945 starb die Feminismus-Ikone im Alter von 83 Jahren in London. In "Enola Holmes 2" wird sie von Hannah Dodd dargestellt.