Disneys 100. Geburtstag: Die Frauen hinter dem Konzern
Am 16. Oktober vor 100 Jahren gründete Walt Disney jene Firma, die bis heute Unterhaltung für die ganze Familie bietet. Aber es war die Produzentin Margaret Winkler, die dazu den Startschuss gab. "Es beweist der Welt, dass Frauen von Anfang an dabei waren", so die Animationshistorikerin Mindy Johnson über die weiblichen Mentoren und Musen des Zeichentrickpioniers im Gespräch mit der APA.
Margaret Winkler trainierte Walt Disney
"Oh es waren nicht nur Männer!", sagt Mindy Johnson über die Geschichte von Disney. "Es war eine Frau, die Walt Disney den Startschuss gab", erzählt die Historikerin. Margaret Winkler war eine erfolgreiche Verleiherin und Produzentin, und eine Verfechterin der Animationsindustrie, die aus Tuschezeichnungen beliebte Figuren wie "Felix der Kater" machte. Sie war mehrere Jahre lang Harry Warners Sekretärin gewesen und gründete später ihre eigene Firma.
"Sie hat Walt trainiert", sagt Johnson über die Beziehung zu Disney, "er war noch sehr grün hinter den Ohren". Als sich Winkler bei ihm meldete, hatte er in Kansas City gerade einen kleinen geschäftlichen Misserfolg erlebt und dann in Südkalifornien einen Neuanfang gemacht. "Am 16. Oktober ist es buchstäblich 100 Jahre her, als sie ihr Telegramm schickte, in dem es hieß 'Ich denke, wir können Geschäfte machen', und ihm den Einstieg in die Animationsbranche ermöglichte."
Bessie Mae Kelley kreierte erstes Mäuse-Paar
Im Jahr 1928 feierte Disney mit dem ersten vollsynchronisierten Animationsfilm "Steamboat Willie" eine Weltpremiere. Das erste Mal mit dabei: Micky Maus. Walt Disney wurde dabei zum Teil von der Animationspionierin Bessie Mae Kelley inspiriert, die ein Mäusepaar namens Milton und Mary von Hand gezeichnet hatte, lange bevor es jemals eine Micky oder eine Minnie Maus gab. "Vor über 100 Jahren, noch bevor Walt Disney überhaupt begann", sagt Johnson. Ihre Arbeit gilt als die früheste erhaltene handgezeichnete Animation, die von einer Frau gezeichnet und inszeniert wurde.
Im vergangenen Jahr studierte die amerikanische Animationshistorikerin eine Illustration aus den 1920er Jahren, die Animatoren dieser Zeit zeigt, allesamt Männer, als ihr in der Ecke des Bildes eine Frau auffiel. Ein anderer Historiker sagte ihr, dass es sich dabei wahrscheinlich um eine Sekretärin oder eine Putzfrau handle. Aber Johnson vermutete etwas anderes, und sie hatte Recht. Es war Bessie Mae Kelley.
Frauen erhielten keine Anerkennung für ihre Arbeit
Über die erstaunliche Arbeit der Männer in der Disney-Animationsabteilung während des Goldenen Zeitalters, insbesondere der verehrten "Nine Old Men", ist viel geschrieben worden, aber "Frauen waren maßgeblich für die Geschichte von Disney verantwortlich", sagt Johnson. "Viele der Frauen, insbesondere Hunderte von Frauen, die nachzeichneten und kolorierten, erhielten keine Anerkennung für ihre Arbeit."
Drei bemerkenswerte Frauen von Disney
Die amerikanische Künstlerin Retta Scott war nicht die erste Frau, die im Studio animieren durfte, aber sie war die erste, die als Animatorin in den Walt Disney Animation Studios einen "Credit" bekam. Sie zeichnete die Hundekampfszene in dem 1942er Klassiker "Bambi".
Mildred Rossi, die später als Milicent Patrick bekannt wurde, war eine der ersten Frauen, die bei "Fantasia" (1940) animierte.
Eine Frau, die für Mindy Johnson aus vielen hervorsticht, ist Bianca Majolie, eine frühe Storyboardkünstlerin, die Konzepte und Ideen erforschte. "Sie war die erste Frau in der Storyabteilung von Disney Animation und entwarf bereits in den frühen 1930er Jahren eine Reihe wunderschöner Konzeptdesignstücke." Für Filme wie "Cinderella" (1950), "Arielle, die Meerjungfrau" (1989) und "Peter Pan" (1953).
2019 führte die erste Frau bei Disney Regie
"Für die damaligen Verhältnisse war Walt sehr fortschrittlich, insbesondere was Frauen betrifft, die früher als gedacht durch die Studios marschierten", sagt Johnson. "Es ist einfach traurig, dass es bis vor kurzem keine Frauen gab, die bei Disney Regie führten."
Die erste Frau, die alleinige Regie bei einem Disney-Spielfilm führte, und zwar "Die Eiskönigin 2", ist Jennifer Lee, die künstlerische Leiterin der Walt Disney Animation Studios. Mit dem Jahr 2019 ist das reichlich spät.
"Wir alle haben einige unglaubliche Geschichten verpasst, weil sie größtenteils von Männern erzählt wurden", sagt Johnson. "Die Branche muss sich noch verändern, aber wir sind auf dem besten Weg". Sie unterrichtet seit Jahren an der CalArts, einer privaten Kunsthochschule in Kalifornien, die von Walt und Roy Disney gegründet wurde. Inzwischen studieren dort mehr Frauen als Männer.
"Es ist eine wirklich aufregende Zeit in der Animation", sagt die Akademikerin: "Ich freue mich auf den Tag, an dem meine Rolle überflüssig sein wird."
(Das Gespräch führte Marietta Steinhart/APA)