Die Welt von "John Wick" erklärt
In "John Wick: Kapitel 3 – Parabellum" wird die Welt der mysteriösen Verbrecher-Organisation, deren legendärstes Mitglied der Auftragskiller John Wick ist, wieder um einige Facetten erweitert. Im ersten "John Wick"-Film wurde vieles nur angedeutet. The Continental und die Killer-Gilde dienten nur als Hintergrund der eigentlichen Story. Schon der zweite Teil "John Wick: Kapitel 2" vertiefte diese Welt weiter und führte den "High Table" (in der deutschen Synchronfassung: die Hohe Kammer) der Killer-Organisation ein. "Kapitel 3" geht noch mehr ins Detail.
Das führt allerdings auch zunehmend zu Unstimmigkeiten und offenen Fragen. Wir versuchen, uns hier einen Überblick in der Welt von John Wick zu verschaffen, und werfen Fragen auf, die uns nach dem dritten Teil beschäftigen.
Achtung! Der folgende Text enthält SPOILER zu "John Wick: Kapitel 3 – Parabellum".
THE CONTINENTAL
Das Hotel "The Continental" in New York City ist die erste Institution der namenlosen Verbrecher-Organisation, die wir im ersten Teil von "John Wick" kennenlernen. In dem Hotel steigen vor allem Auftragskiller, aber wohl auch andere Kriminelle und Mafiosi ab. Wer hier eincheckt, genießt sehr spezielle Services und unterwirft sich strengen Regeln. Doch die Services des "Continental" kann man nicht kaufen. Bezahlt wird mit eigenen Goldmünzen, die nur die Mitglieder jener mysteriösen Organisation austauschen, zu der die Hotel-Kette gehört. Denn "The Continental" in New York ist nicht das einzige Hotel dieser Art. In Großstädten rund um den Globus gibt diese Hotels. In den Filmen waren bisher die Hotels in New York, Rom und Casablanca zu sehen.
Jedes Hotel wird lokal von einem Manager geleitet, der "The Continental" und sein Personal wie ein Mafia-Pate führt. In New York City gibt Winston (Ian McShane) den Ton an, das Hotel in Rom wird von Julius (Franco Nero) und die Niederlassung in Casablanca von Sofia (Halle Berry) geleitet. Zumindest Sofia war vorher auch eine Profi-Killerin. Sicher dürfte jedenfalls sein, dass die Manager sich diese Position durch ihre kriminelle Karriere erarbeitet haben.
Die goldene Regel in jedem "Continental"-Hotel lautet: Keine Geschäfte innerhalb der Hotels! Jedes Hotel ist ein sicherer Hafen für Auftragskiller und Kriminelle. An diesem Ort dürfen sich auch verfeindete Parteien nicht bekämpfen. Wer diese Regel bricht, dem droht die "Excommunicado", der Ausschluss von allen Privilegien und Services der Organisation – und darüber hinaus auch der Tod.
Denn wer die Regeln bricht ist vogelfrei. Kein Mitglied der Organisation darf dem Ausgeschlossenen mehr unterstützen. Wenn ein Kopfgeld ausgesetzt ist, wird er sogar zum Freiwild für seine Killer-Kollegen. So ein Kopfgeld wird aber der Manager des jeweiligen Hotels, in dem der Regelverstoß begangen wurde, aussetzen – oder den Regelverstoß (wie Winston im ersten Teil) selbst mit dem Tod bestrafen.
THE ADMINISTRATION
Die Verwaltung ist jener zentrale Ort, an dem die Geschäfte und sämtliche Mordaufträge in der Organisation koordiniert werden. Von hier aus werden die Auftragskiller über geschlossene (nur für einen bestimmten Killer) oder offene (Freiwild für alle Killer) Aufträge versendet. Die Administration sieht wie eine altmodische Telefonzentrale aus. Dort gibt es Akten über sämtliche Mitglieder, aber auch über Zielpersonen. Auffällig sind die vielen Tätowierungen der Mitarbeiter. An die Administration wenden sich auch Mitglieder, wenn von jemandem die Regeln gebrochen werden. Das führt zur "Excommunicado", die von dort allen Mitgliedern mitgeteilt wird.
THE BOWERY
"The Bowery" ist eine sehr spezielle Teilorganisation der Killer-Gilde, gegründet und geführt vom sogenannten "Bowery King" (Laurence Fishburne). Die Killer des "Bowery King" sind als obdachlose Bettler getarnt oder sind es tatsächlich. Sie sind über ganz New York City verteilt und sehen alles, selbst in den hintersten Winkeln der Stadt. In seinem Hauptquartier nutzt der "Bowery King" Brieftauben, um mit seinem Netzwerk aus Straßenkillern zu kommunizieren. Allerdings haben die Bettler-Killer auch Mobiltelefone, um Informationen von der Organisation zu erhalten. Als die Richterin den "Bowery King" absetzen will, ist dieser nicht erfreut und wendet sich letztlich gegen die Killer-Gilde.
THE HIGH TABLE
Die Hohe Kammer, wie "The High Table" in der deutschen Synchronfassung heißt, ist das Führungsgremium der namenlosen Organisation, deren Mitglieder nach einem strengen Ehrenkodex organisiert sind. Dieser oberste Rat besteht aus zwölf Mitgliedern, die einen hohen Rang in verschiedenen Mafia-Organisationen einnehmen. Gianna D’Antonio war Mitglied der Hohen Kammer, bevor ihr Bruder Santino sie in "Kapitel 2" von John Wick (mit Hilfe einer Schuldmünze) beseitigen ließ. Santino rückte dann auf ihren Platz im Rat nach. Das lässt vermuten, dass die Plätze in der Hohen Kammer an weltweite Mafia-Clans vergeben sind.
Killer-Gilde oder Mafia-Syndikat? Daraus ergibt sich die offene Frage, was die mysteriöse Organisation eigentlich ist? Im ersten Teil schien es noch als handle es sich um einen Berufsverband mit strengem Ehrenkodex – eine Art Killer-Gilde. Dazu passt auch, dass der Mafia-Boss im ersten Teil den Preis auf den Kopf von John Wick verdoppelt, wenn er auch im "Continental" attackiert wird. Dieser Mafia-Pate dürfte also nicht Mitglied der Organisation gewesen sein. In "Kapitel 3" wirkt es aber schon fast so, als ob die Organisation ein allumfassendes Mafia-Syndikat ist.
THE ELDER
Der Älteste (Saïd Taghmaoui) ist die einzige Autorität innerhalb der Organisation, die über der Hohen Kammer steht. John Wick sucht ihn in der marokkanischen Wüste auf, wo er an einem geheimen Ort residiert. Er ist der Einzige, der die Hohe Kammer überstimmen und sein "Excommunicado" wieder aufheben kann. Dafür will er aber ein Opfer. John Wick opfert tatsächlich seinen Ringfinger, obwohl er später den Mordauftrag gegen Winston ohnedies nicht ausführt.
Clan- oder Führer-Struktur? "The Elder" wirft in der Welt von John Wick die meisten zweifelnden Fragen auf: Abgesehen davon, dass dieser Älteste nicht sehr alt aussieht (ist er vielleicht gar nur ein Strohmann?), ist die Idee an sich ziemlich platt. Die Killer-Gilde wird hier doch recht banal auf die ursprüngliche Herkunft des Wortes "Assassin" (engl.: Attentäter, Mörder) von den islamischen "Assassinen" reduziert. Netter Gedanke, aber dennoch ein wenig weit hergeholt. Warum sollte die offensichtlich sehr dezentrale Organisation, die wahrscheinlich aus 12 weltweiten Clans besteht, einen obersten Anführer haben, der wie ein Beduine in der Wüste residiert?
THE ADJUDICATORS
Die sogenannten Richter sind direkte Gesandte der Hohen Kammer. Sie können offenbar auch Manager und die Anführer anderer Einheiten wie den "Bowery King" entlassen und sogar harte Strafen exekutieren. Obwohl Widerstand gegen einen Richter zu "Excomunicado" führen würde, stellen Winston und der " Bowery King" die Autorität der einzigen bisher bekannten Richterin (Asia Kate Dillon) ziemlich oft in Frage. Richter kommen offenbar nur selten und bei groben Regelverstößen zum Einsatz.
THE DIRECTOR
Die Regisseurin (Angelica Huston) führt eine Institution, die als Ballett getarnt ist. Dort werden offenbar die professionellen Auftragskiller der Organisation schon in jungen Jahren ausgebildet. Dominiert wird diese Institution von russischen Zigeunern. John Wick, dessen richtiger Name Jardani Jovonovich ist, gehört diesem Clan offensichtlich noch immer an. Ein Rosenkranz und ein orthodoxes Kreuz sichern ihm einen Gefallen der Regisseurin. Doch damit hat er auch seine Mitgliedschaft zum Clan verwirkt und kann keinen Gefallen mehr fordern. Diese Regel betrifft offenbar nur den Clan, nicht aber die Organisation. Denn die Regisseurin muss für ihre Hilfestellung später eine harte Strafe von der Richterin erdulden.
Eine von mehreren Ausbildungsstätten? Uns erscheint es unwahrscheinlich, dass alle Killer der globalen Organisation von der Regisseurin ausgebildet werden. John Wick dürfte aber seine besonderen Fähigkeiten hier erlernt haben. Aber es ist anzunehmen, dass es ähnliche "Ausbildungsstätten" auch an anderen Orten gibt.
DIE SERVICES
Die "Continental"-Hotels sind aber auch exklusive Service-Center für die mysteriöse Vereinigung dahinter. Auch diese Services werden mit den speziellen Goldmünzen bezahlt. Im Hotel vermittelt der Concierge die verschiedenen Dienstleistungen, aber einige Services stehen für Mitglieder auch außerhalb des Hotels zur Verfügung. Der Concierge in New York heißt bezeichnenderweise Charon (Lance Reddick), wie der Fährmann über den Grenzfluss der griechischen Unterwelt Hades.
Folgende Services stellt die Organisation zur Verfügung:
Goldmünzen: Das offizielle Zahlungsmittel der kriminellen Organisation wird in einer eigenen Münzprägeanstalt namens "The Mint" hergestellt. Diese befindet sich in Marokko und wurde von Berrada (Jerome Flynn), dem ehemaligen Manager des "Continental" in Casablanca geführt – bis ihm John Wick und Sofia das Licht ausblasen. Die Münzen werden von den Hotels, aber auch von Einrichtungen in Umlauf gebracht, die als Pfandleiher oder als Bankfilialen getarnt sind. Sie werden außerdem nicht wie normale Münzen genutzt: Meist wird für eine Dienstleistung nur eine Münze überreicht. Jede Münze steht also für einen Gefallen oder eine Dienstleistung innerhalb der Organisation.
Schuldmünzen: Diese kleinen runden Schatullen entsprechen einem Schwur, der mit Blut besiegelt wird: Sie werden für einen außergewöhnlichen Gefallen vergeben und vom Schuldner mit seinem blutigen Daumenabdruck besiegelt. Wer eine solche Schuldmünze besitzt, kann vom Schuldner einen Gefallen einfordern, den dieser nicht ablehnen kann und darf. Das ist eine unumstößliche Regel: Schuldmünzen sind einzulösen! Andernfalls droht ebenfalls "Excommunicado". Daher muss John Wick im zweiten Teil den Mordauftrag von Santino D’Antonio annehmen, obwohl er sich wieder in den Ruhestand begeben will. Darum muss Sofia auch John Wick helfen, obwohl sie es lieber nicht täte.
The Cleaners: Den Säuberungsdienst der Organisation nimmt John Wick schon im ersten Teil in Anspruch. Dieser Service steht offenbar (wie vermutlich auch die anderen Dienste) unabhängig von den "Continental"-Hotels für Mitglieder zur Verfügung. Wick zahlt mit einer Goldmünze.
The Doctor: Ärzte sind ebenfalls eine naheliegende Dienstleistung für eine Killer-Gilde. John Wick nimmt die Dienste des "Doc" mehrmals in Anspruch. Dieser macht offenbar auch Hausbesuche und ist ebenfalls unabhängig vom Hotel mit einer Goldmünze zu bezahlen. Vermutlich gibt es auch in anderen Ländern solche Unterwelt-Ärzte für die Organisation.
The Tailors: Der Schneider dürfte ein Service sein, der zumindest in der Nähe der Hotels angesiedelt ist. Er bietet nicht nur maßgeschneiderte Anzüge, sondern stattet diese auch mit gewissen Extras aus. So sind die Anzüge beispielsweise kugelsicher.
The Sommeliers: Die Sommeliers servieren keine Weine, sondern statten die Mitglieder mit Waffen aller Art aus. Dabei geben sie auch Empfehlungen ab und präsentieren exquisite Exemplare für die jeweilige Mission. Auch sie dürften zumindest in einem Nahverhältnis zu den Hotels stehen.
The Cartographer: In Rom besorgt sich John Wick für seine Mission Baupläne, um in ein Gebäude einzudringen. Vermutlich gibt es ähnliche Spezialisten auch in anderen Städten. Ob sie zu den Hotels gehören, ist nicht ganz klar.
The Library: In "Kapitel 3" holt sich John Wick aus einer Bibliothek persönliche Gegenstände, die er dort in einem Buch deponiert hat. Es ist nicht ganz klar, ob es sich dabei um eine öffentliche Bibliothek handelt und Wick dort einfach nur in einem Buch seine Sachen versteckt hat. Aber vermutlich ist es eine als Bibliothek getarnte Einrichtung der Organisation, die als eine Art sicheres Schließfach für Mitglieder dient.