"Die Schneegesellschaft": Das wahre Überlebensdrama dahinter
Derzeit lässt uns ein Survival-Thriller auf Netflix mitfiebern, ob es eine Gruppe von Sportlern gelingen wird, sich aus einer Notlage zu befreien: Nach einem Flugzeugcrash sitzen ein paar überlebende Passagiere in den Anden inmitten von Schnee und Eis fest. "Die Schneegesellschaft" zeigt uns, wie sie in einer der härtesten Umgebungen der Welt dazu gezwungen werden, zu extremen Maßnahmen zu greifen.
Ein derartiges Schicksal würde man auch seinen schlimmsten Feind:innen nicht wünschen, doch leider sind die Ereignisse nicht etwa nur der Phantasie des spanischen Drehbuchautors und Regisseurs J. A. Bayona entsprungen, sondern basieren auf einer wahren Geschichte. Was sich im Jahr 1972 tatsächlich zugetragen hat, wollen wir euch im Folgenden berichten.
Absturz in den Anden
Am 13. Oktober 1972 war eine Propellermaschine vom Typ Fairchild-Hiller FH-227 mit fünf Besatzungsmitglieder:innen und 40 Passagiere von Urugay nach Santiago de Chile unterwegs. Es waren Mitglieder:innen, Betreuer:innen und Angehörige der Rugby-Union-Mannschaft "Old Christian’s Club".
Aufgrund eines Navigationsfehlers kam es auf fast 4000 Meter Höhe zum Crash, bei dem 12 Personen sofort verstarben. Von dem auseinandergebrochenen Flugzeug war nur noch der vordere Teil des Rumpfs vorhanden und diente den Überlebenden in den kommenden 72 Tagen als Unterkunft in einer lebensfeindlichen Umgebung. Die wenigen Lebensmittelvorräte waren bald aufgebraucht und daher traf man schließlich die schwere Entscheidung, sich vom Fleisch der Toten zu ernähren. Es kam also tatsächlich (aus Not) zum Kannibalismus.
Die Gruppe der Überlebenden wurde auch weiterhin dezimiert: So kam es 16 Tage nach dem Absturz zu einem nächtlichen Lawinenabgang, der acht Personen tötete. Eine zweite Lawine begrub wenig später den Flugzeugrumpf komplett, sodass die Katastrophenopfer gezwungen waren, zwei Tage unter den Schneemassen zu verbringen.
Rettungsexpeditionen
Ein paar Personen mit der nach wie vor besten körperlichen Verfassung brachen zu mehreren Expeditionen auf, um Hilfe zu finden. Zwei von ihnen gelang es schließlich, nachdem sie zehn Tage unterwegs gewesen waren, Kontakt mit der Zivilisation herzustellen: Sie trafen einen chilenischen Hirten, der sie in einer Schutzhütte versorgte und wenig später die Polizei verständigte.
Am 22. Dezember konnte ein Hubschrauber zunächst sieben Überlebende bergen, die restlichen Personen mussten noch eine weitere Nacht in der Höhe ausharren. Am 23. Dezember wurden dann die letzten sieben Überlebenden ins Krankenhaus von Santiago gebracht.
Grabstelle und Gedenkstätte
Von den 45 Insassen hatten nur noch 16 die Rettung erlebt. Die 29 Toten wurden dann knapp einen Monat später wenige Meter neben der Absturzstelle unter Beisein eines Priesters in einem Steingrab bestattet. Der Flugzeugrumpf wurde mit Benzin übergossen und verbrannt.
Bis heute ist die Stelle mit Gedenktafeln und -steinen deutlich markiert und in der Umgebung sind nach wie vor langsam verrottende Wrackteile verstreut. Unter dem Namen "Wunder der Anden" ist die Tragödie in die Geschichte eingegangen.
Was machen die Überlebenden heute?
Die Überlebenden haben in einem Stadtviertel von Montevideo später sogar ein kleines Museum zum Gedenken an das Unglück errichtet. Einige von ihnen halten bis heute Vorträge zum Thema "Überleben in Extremsituationen".
Vorlage des Films
Vielleicht fragt ihr euch nun auch noch, woher Regisseur Bayona die wichtigsten Informationen für seinen Film bezogen hat. Es stützte sich hauptsächlich auf das Buch "La sociedad de la nieve" des uruguayanischen Journalist Pablo Vierci aus dem Jahr 2009. Der Verfasser war nicht selbst an dem Unglück beteiligt, kannte jedoch einige der Passagier:innen gut. Weiters führte Bayona Gespräche mit Überlebenden und Familienangehörigen von damals Verstorbenen.
"Die Schneegesellschaft" wurde übrigens von Spanien als Beitrag für die Oscarverleihung 2024 als bester Internationaler Film eingereicht.