Eröffnung des 70. Filmfestival in San Sebastián mit "Modelo 77"
Im Rennen um die "Goldene Muschel", die am 24. September in der nordspanischen Küstenstadt vergeben wird, befindet sich heuer auch der österreichische Filmemacher Ulrich Seidl mit seinem neuen, schon im Vorfeld ob der Drehumstände heiß diskutierten Drama "Sparta".
Das "Bruderstück" zu Seidls "Rimini", das am Sonntagabend in San Sebastián seine Weltpremiere feiert, muss sich im offiziellen Wettbewerb des A-Festivals mit 16 weiteren Filmbeiträgen messen. Unter Seidls Konkurrenten befinden sich dabei renommierte Regisseure wie der Koreaner Hong Sangsoo ("Walk up"), der Franzosen Christophe Honoré ("Winter Boy") oder der argentinische Filmemacher Sebastián Lelio ("The Wonder").
Der packende, hoch politische Thriller "Model 77" des spanischen Filmemachers Alberto Rodríguez läuft im offiziellen Wettbewerb indes außer Konkurrenz. Die Geschichte spielt in Spanien 1977. Das Land erlebt nach dem Ende der Franco-Diktatur einen der größten Freiheitsmomente seiner Geschichte. In den Gefängnissen ist vom Übergang zur Demokratie jedoch nichts zu spüren. Es kommt zu Revolten und Aufständen.
Bis zum 24. September werden in San Sebastián in den verschiedenen Nebenreihen insgesamt 200 Festivalbeiträge gezeigt. Auf der Eröffnungsgala erhielt der Anfang des Jahres Oscar gekrönte "Drive my car" des Japaners Ryusuke Hamaguchi den FIPRESCI-Preis des internationalen Filmkritikerverbands als bester Film des Jahres.
Ehrenpreise für Binoche und Cronenberg
Die französische Schauspielerin Juliette Binoche und der kanadische Kultregisseur David Cronenberg werden zur 70. Jubiläumsausgabe unterdessen mit den Ehrenpreisen für die Karrieren ausgezeichnet. Neben Binoche und Cronenberg werden in San Sebastián zahlreiche weitere Stars wie Penelope Cruz, Olivia Wilde, Liam Neeson oder Diane Kruger erwartet. Neeson und Kruger stellen Neil Jordans neuen Detektivthriller "Marlowe" vor, mit dem das Filmfestival am 24. September beendet wird.
Am nächsten Tag werden Neeson, Jordan und Kruger den Film dann bereits auf dem am kommenden Donnerstag beginnenden Zurich Film Festival (ZFF) vorstellen. Das ist kein Zufall. Denn vor genau zehn Jahren schlossen das ZFF und San Sebastián ein für die Festivalbranche eher ungewöhnliches Kooperationsabkommen.
Jedes Jahr kämpfen Europas großen Filmfestivals um Stars und Weltpremieren. San Sebastián und das ZFF haben im internationalen Konkurrenzkampf jedoch ein weiteres Problem: Sie sind nicht nur kleiner als Berlin, Cannes und Venedig. Sie finden auch erst später im Herbst statt - und zudem noch fast gleichzeitig. Nach dem Motto "Zusammen ist man stärker" schloss man deshalb ein Kooperationsabkommen.
Seitdem teilen sich San Sebastián und Zürich die kostspieligen Anreisen internationaler Stars, deren Filme auf beiden Festivals gezeigt werden. "Die Zusammenarbeit trägt aber auch dazu bei, dass das Schweizer Kino in Spanien und das spanische Kino in der Schweiz gefördert wird und auf den jeweiligen Festivals vertreten ist", erklärt San Sebastián-Direktor José Luis Rebordinos im Gespräch mit der APA.
Schweizer Produktionen
So laufen in San Sebastián gleich mehrere Schweizer Produktionen. Das ZFF feiert das Kooperationsjubiläum sogar mit Spanien als diesjährigem Gastland. Bis zum 2. Oktober werden in Zürich in fast allen Sektionen insgesamt elf abendfüllende und fünf Kurzfilme junger Filmschaffender aus Spanien gezeigt. Darunter auch der Eröffnungsfilm aus San Sebastián, "Modelo 77", sowie verschiedene Festivalbeiträge wie Mikel Gurreas leises und subtiles Spielfilmdebüt "Suro" aus dem offiziellen Wettbewerb, das danach im Wettbewerb des ZFF seine internationale Premiere feiert.
Auch Pilar Palomeros einfühlsame und herzzerreißende Reise in die Teenagerelternschaft "La Maternal/Motherhood" wird auf dem ZFF projiziert. Ihre emotionelle Achterbahnfahrt gilt als ernst zu nehmender Anwärter auf die "Goldene Muschel".
(S E R V I C E - www.sansebastianfestival.com)