Die von dem Millionär Edgar Rice ausgehaltene Mary (Nora Gregor) ist angeklagt, ihren «Sugar Daddy» erstochen zu haben. Alle Indizien sprechen für ihre Schuld, nur ihr Bruder Jim, für dessen Ernährung und Ausbildung Mary sich jahrelang «verkauft» hat, glaubt ihr. Obwohl er keinerlei Prozesserfahrung hat, schaltet er einen kompetenteren Kollegen aus und drängt sich selbst als Anwalt seiner Schwester ins Verfahren. Nach und nach gelingt es ihm, mit der Gattin des Ermordeten eine weitere Verdächtige ins Licht zu rücken, und seiner Hartnäckigkeit ist tatsächlich zu danken, dass der wahre Sachverhalt Stück für Stück ans Licht kommt. In einem überraschenden Showdown kann schließlich der wahre Täter überführt werden. Ein spannender Krimi mit viel Zug, der ohne weiteren Anspruch gut unterhält, obwohl die noch nicht ausgereifte Tonfilmtechnik der Kamera einige Beschränkungen auferlegt. Nora Gregor auf der Anklagebank ist sehr präsent, scheint sich in ihrer eindimensional angelegten Rolle als Opfer gesellschaftlicher Vorurteile aber nicht recht wohl zu fühlen. Aus dem historischen Abstand betrachtet, liegt darin allerdings auch eine ungewollte Stärke des Films. Auf allen Seiten von den indignierten Herren des Rechtswesens umgeben, denen ihre misogyne Doppelmoral ins Gesicht geschrieben steht, bleibt der Angeklagten nurmehr die weinerliche Fassungslosigkeit des «Aber so war es doch nicht!» Und erst recht unbehaglich wird dem Zuschauer, wenn kein anderer als der Bruder die «gefallene» Schwester einer Inquisition unterwirft, die sie im Zeugenstand auch noch des letzten Rests an Würde zu berauben droht. Das Verfahren Mary Dugan fällt derart entlarvend in doppeltem Sinne aus.
(Text: Viennale 2008)
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Details
- Regie
- Arthur Robison
- Kamera
- Henry Sharp
- Author
- Becky Gardenier nach dem Bühnenstück von Bayard Veiller