Das Altersheim in Maniquerville in der Normandie bekommt regelmäßig Besuch. Jedoch nicht von den Angehörigen der Frauen und Männer, die hier zurückgezogen leben, sondern von der Schauspielerin Françoise Lebrun, seit ihrem Auftritt in La Maman et la putain 1973 von Jean Eustache untrennbar mit dem französischen Kino verbunden. Zu Begin des Films erklärt Lebrun einer jungen Frau namens Clara, die für die Organisation des Heims verantwortlich ist, ihr Vorhaben: Sie wolle für die Menschen in Maniquerville vorlesen, ihnen eine Freude bereiten. Und auf welche Weise ihr das gelingt, hat wiederum der Filmemacher Pierre Creton festgehalten. Maniquerville ist ein ungewöhnliche Dokumentation, und zwar nicht nur aufgrund der Form und Annäherung an ihr Thema. Gefilmt in Schwarzweiß, scheinen die Begegnungen zwischen Lebrun und ihren Zuhörern seltsam entrückt, verharrt die Kamera meist auf den Gesichtern der alten Leute, sucht Schatten auf den Fenstern oder in den Bäumen im angrenzenden Park. So interessiert sich der Film im Laufe der Zeit immer stärker für den Ort selbst, werden die Texte zur wichtigen Nebensache. Man erfährt die Geschichte des Heimes, das früher ein Schloss war und dem nun der Abriss droht, und weiß, dass die junge Clara noch nie in Paris war, weil sie sich vor der Großstadt fürchtet. Gegen Ende liest Lebrun eine Pasage aus Prousts «À la recherche du temps perdu». Auf eine schönere hätte Creton nicht warten können.
(Text: Viennale 2009)
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Details
- Schauspieler
- Francoise Lebrun, Clara Le Picard
- Regie
- Pierre Creton
- Kamera
- Pierre Creton
- Author
- Pierre Creton unter Mitarbeit von Cyril Neyrat und Marie Vermillard