Les Deux vies d'Eva (The Two Lives of Eva)

F , 2005

Min. 85
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Meine Mutter Eva, eine polnische Frau mit deutsch-protestantischen Wurzeln, wuchs in Sosnowiec auf, wo mein Großvater eine Papierfabrik leitete. Als 1945 die sowjetischen Soldaten einmarschierten, verließ sie mit meiner Großmutter Polen und zog nach Deutschland. Hier lernte sie nach dem Krieg meinen Vater Sam, der das Warschauer Ghetto überlebt hatte, kennen und zog mit ihm nach Paris. Durch die Hochzeit nahm meine Mutter die Geschichte und Kultur meines Vaters an und legte ihre eigene Identität ab. Bis 1970 lebten meine Eltern glücklich zusammen, doch dann erlitt meine Mutter ihren ersten Anfall und wurde für krank erklärt. 1978 erzählte sie mir während einer Zugfahrt ihre Jugendgeschichte, die ich auf Tonband aufzeichnete. (Esther Hoffenberg) Nur langsam kristallisiert sich das Bild Eva Hoffenbergs im Laufe des Films heraus, und sogar am Ende ist man sich nicht sicher, ob es tatsächlich das wahre ist. Doch dies ist auch die große Stärke dieser filmischen Recherche: Es geht weniger um eine Spurensuche als um eine Entdeckungsfahrt auf ein unbekanntes menschliches Terrain, das so möchte man meinen einem näher steht als alles andere: die eigene Mutter. Hinter jedem Familienmitglied tun sich neue Wahrheiten auf, und Eva Hoffenbergs Schicksal erscheint irgendwann als Zeichen dafür, dass Geschichte eben nicht buchstäblich passiert, sondern so, wie man sie selbst erlebt. Die jung verstorbene Schwester der Regisseurin vergleicht ihre zahlreichen Briefe, die sie bis zu ihrem Tod schreibt, mit den Schwefelhölzern, die das Mädchen bei Andersen entzündet: Ein Brief ist wie ein Licht, um nicht im Dunkel zurückzubleiben. Les Deux vies dEva ist ein Film gegen das Dunkel des Vergessens.

(Text: Viennale 2005)

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Details

Regie
Esther Hoffenberg
Kamera
Laurent Fenart
Author
Esther Hoffenberg

Kinoprogramm