Ich war von einer Kindheitserinnerung ausgegangen: Der Holzschuhmacher und seine Frau erinnerten mich an die Kriegszeit, als die Kinder der Städte aufs Land verschickt wurden. Ich selbst war bei alten Leuten. Diese Erinnerungen aus der Kindheit, aus der Ferienzeit auf dem Lande, diese Bilder vom Val de Loire, haben später, in Paris, in mir die Lust geweckt, diesen Film zu drehen, als eine Art Betrachtung über das Alter. Der Grundgedanke des Filmes war folgender: eine Art Glückseeligkeit, die man in sich selbst findet, nach einem wohl ausgefüllten und sehr besonnenen Leben. Im Gegensatz zu allen folgenden Filmen habe ich ihn nach einem sehr genauen Drehbuch gemacht, weil ich nicht wusste, wo ich ankommen würde, und weil ich wissen wollte, ob ich imstande war, mit einer Kamera umzugehen Jacques Demy «Cahiers du Cinéma» Nr. 155/1964 Der Holzschuhmacher, seine Frau und ihr Adoptivsohn Claude, der beim Schneider des Weilers arbeitet, leben in La Chapelle-Basse-Mer bei Nantes. Eine Woche gleicht der anderen, die Tage gehen dahin, mit ihren kleinen Aufgaben, den ohne Unterlass wiederholten Handgriffen und einigen Ereignissen: Ein alter Freund stirbt, der Schuhmacher kauft seiner Frau einen neuen Schubkarren. Ein Dokumentarfilm über die Herstellung eines speziellen Gegenstandes, eines Holzschuhs, und zudem über das tägliche Leben eines Paares im ländlichen Milieu zu Beginn der Fünfziger Jahre. Wir verfolgen den Fabrikationsprozess vom Zuschnitt des Pappelstammes zu Holzklötzen am Montag bis zum Samstagabend, wenn das fertige Holzschuhpaar zum Trocknen über den Balken gehängt wird. Der beruhigende Eindruck von Fortdauer und Beständigkeit trügt allerdings, wie auch die Einmaligkeit des Gegenstands eine Illusion ist: Zwischen dem letzten Ansetzen des Schabeisens am Schuh am Dienstag und dem ersten Mal, dass sich der Löffel am Samstag ins Innere des Holzes bohrt, liegen drei Tage, drei Tage Arbeit in der Werkstatt, von denen wir nichts erfahren. Und so verschwimmen all die nacheinander hergestellten Holzschuhe zu einem einzigen Gegenstand, wie sich auch in unserem Schuhmacher die Züge unzähliger Handwerker widerspiegeln. Wir bekommen seine Arbeit ohne Kommentar, ohne Erklärung gezeigt. Nicht, dass der Kommentar zu diesen Sequenzen fehlen würde: Er kommt später noch, aber er hat eine andere Funktion, als Handgriffe und Gegenstände zu erklären. Es ist bezeichnend, wie sich der Filmemacher zurücknimmt und alle Sequenzen der Arbeit des Holzschuhmachers als Abfolge statischer Einstellungen behandelt, in denen sich einzig der Mann bewegt, der das Werkstück bearbeitet. Jean Pierre Berthomé «Jacques Demy et les racines du rêve», 1982
(Text: Viennale 2006)
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Details
- Regie
- Jacques Demy
- Kamera
- H. Georges Lendi
- Author
- Jacques Demy
- Musik
- Elsa Barraine