Antoine hat eben seinen Abschluss an der Polizeischule gemacht und sich kurzfristig entschlossen, eine Stelle bei der Police Judicière von Paris anzunehmen. Die Kommissarin Vaudieu kehrt nach zweijähriger Abwesenheit nach dem Tod ihres Sohnes und dem Abrutschen in den Alkohol zur Truppe zurück und leitet Antoines Einheit. Bald darauf werden Vaudieu, Antoine und drei weitere Beamte mit einem mysteriösen Mord an einem Obdachlosen konfrontiert. Für seinen vierten Film hatte sich Xavier Beauvois selbst zwei Bedingungen gestellt: Zum einen wollte er dem Genre des Polizeifilms Genüge tun, zum anderen auf eine literarische Vorlage zurückzugreifen. So beschloss der junge Regisseur, einem Polizeihauptmann mehrere Monate lang bei seinem Alltag zu folgen. Dieser Umstand erlaubte ihm auch den Zugang zu spezifischen polizeilichen Ermittlungen, und Le Petit Lieutenant ist das Ergebnis dieser persönlichen Erfahrung. Diese wird durch das Hervorheben von Details und durch die genaue Charakterisierung der verschiedenen Gestalten (Polizeibeamte, Ärzte, Richter, Geahndete, Säufer, Penner, Obdachlose) ersichtlich. Doch Beauvois Blickwinkel reicht über den dokumentarischen Aspekt hinaus: Was ihn an der Seite der Polizisten beschäftigt, ist der zermürbende Alltag, der das psychische Gleichgewicht der Beamten stark ins Schwanken bringt. Gerade ihre vorrangige Aufgabe, den «öffentlichen Frieden» zu bewahren, der ihnen allen doch als Grundmotivation dient, zwingt sie gleichzeitig in die Knie. (Olivier Bombarda) Bei Beauvais geht es nicht darum, zu beschönigen: Polizeiarbeit zeigt er krass naturalistisch, das heißt: Während heute in jedem Fernsehkrimi Gerichtsmediziner am Seziertisch stehen und in menschlichen Eingeweiden wühlen, sieht man und vor allem: hört man hier, wie grässlich die Alltagsarbeit der Ermittler ist. (Wolfgang Höbel)
(Text: Viennale 2005)
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Details
- Regie
- Xavier Beauvois
- Kamera
- Caroline Champetier
- Author
- Xavier Beauvois, Guillaume Bréaud, Jean-Eric Troubat