Alvaro gehört zur Gemeinschaft der «Isleños», jener abgeschiedenen, nur durch eine Fähre mit der Außenwelt verbundenen Bewohner einer Insel zwischen Buenos Aires und der Mündung des Paraná. Dass Alvaro homosexuell ist, lässt ihn hier ebenso zum Außenseiter werden wie seine Liebe zu Büchern. Darüber hinaus ist er ständig mit den Aggressionen des geltungssüchtigen Gemeindevorstehers El Turu konfrontiert, der mit seiner Fähre «El León» Herr über die Versorgungs- und Kommunikationswege der Insel ist und der Alvaro schikaniert, wo immer er kann. Doch tatsächlich verbirgt auch El Turu ein Geheimnis. Filme, die in Wasserlandschaften spielen, haben von vornherein etwas Einnehmendes. Faszinierend ist das Rätsel, das aus dem Zusammenspiel von Oberfläche und Tiefe entsteht, von dem, was man sehen kann, und dem, was im Wasser und auf dessen Grund verborgen bleibt. Auch La león spielt zwischen Fluss, Meer, Insel und Lagune. Die Vegetation ist üppig, das Wasser allgegenwärtig, die Häuser stehen auf Stelzen, ihre Wände tragen deutlich die Spuren der Feuchtigkeit. La león ist in Schwarzweiß gedreht, er lebt weniger von Handlung und Figurenpsychologie als von den Totalen, die menschenleere Landschaften einfangen und den Film ins Kontemplative dehnen. In einer Szene begegnen El Turu und Alvaro einander in einer Bar. «Puto», «Schwuchtel», ruft El Turu, während Alvaro ihm ungerührt den Rücken zukehrt. Später stehen Alvaro und El Turu am Rande eines Fußballplatzes und beobachten das Spiel, als sei nichts geschehen. Und noch später begreift man, dass unter der machistischen Oberfläche El Turus ein Geheimnis wogt, wie Schlingpflanzen unter der Wasseroberfläche. (Cristina Nord)
(Text: Viennale 2007)
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Details
- Regie
- Santiago Otheguy
- Kamera
- Paula Grandio
- Author
- Santiago Otheguy