Der Herausgeber und Chefredakteur sitzt gemeinsam mit einer jungen Redakteurin im Fond eines Automobils und sinniert: «Ich glaube, dass die Österreicher sehr tierfreundlich sind. Überhaupt gefühlsbetont, wissen Sie.» Der Wagen hält in der Einfahrt eines burgenländischen Tierheims; der Landeshauptmann und ein Fotograf stehen bereit. Hans Dichand verteilt Leckereien an die Vierbeiner, und Maggie Entenfellner lacht in die Fotolinse. Dann gerät der Landeshauptmann ins Sinnieren: «Na ja die Kronen Zeitung hat viel Macht in Österreich. Macht ist für mich ein neutraler Begriff.» Boergers Film ist das knapp einstündige Porträt eines spezifisch österreichischen Phänomens: der Neuen Kronenzeitung, der mit knapp drei Millionen Lesern proportional größten Tageszeitung der Welt. Die Frage, wen das außerhalb der Alpenrepublik interessieren soll, stellt sich erst gar nicht: Der Schock über Le Pens Wahlerfolg in Frankreich macht das Problem des rechten Populismus und seiner medialen Strategien wieder einmal (nach den Diskussionen um Haider und Berlusconi) zum Gegenstand hitziger Debatten. Spannend wird Borgers Film durch ihren Status als Außenstehende. Mit einem distanzierten, wenngleich präzisen Blick erforscht sie, frei von Polemik, das System «Krone» ein Imperium: eine Zeitung als Freund, Berater, Ombudsmann der kleinen Leute und nicht zuletzt als «ein Prisma, durch das sich der Erfolg des Populismus in diesem Land verstehen lässt». Zu Wort kommen unter anderen Landeshauptleute, ein Bischof, Dichand selbst, seine Redakteure und Kommentatoren (wie Andreas Mölzer und Wolf Martin), aber auch explizit kritische Geister wie Robert Menasse, Heide Schmidt und Erhard Busek. Der Film arbeitet sich in kurzen, pointierten Episoden vor: Kaffeehausgespräche mit Leserinnen und Lesern leiten über in die Chefetage des «Alten», der die Blattlinie erörtert. Die Telefone in der Tierecke laufen heiß, Leserbriefe kommen sackweise, während Politikredakteure die wahren Ausmaße der afghanischen Flüchtlingswelle prognostizieren. Fakten und Meinungen, Christianus fromme Bibelauslegungen und die «Frau von nebenan» die Topografie eines Landes, in dem Tragik und Realsatire eng beieinander liegen. (Michael Loebenstein)
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Details
- Schauspieler
- Hans Dichand
- Regie
- Nathalie Borgers
- Kamera
- Jerzy Palacz
- Author
- Nathalie Borgers nach einer Idee von Lena Deinhardstein
- Musik
- Edouard Papazian
- Verleih
- POOOL Filmverleih