"Kill Billy": Rachefeldzug eines Möbelhändlers

"Kill Billy": Rachefeldzug eines Möbelhändlers
Schräger Krimispaß aus Skandinavien: weil IKEA die Existenzgrundlage des kleinen Möbelhändlers Harold bedroht, will er den Firmengründer Ingvar Kamprad entführen.

Vor wenigen Wochen wurde der tote Charlie Chaplin als Entführungsopfer auserkoren. Nun muss der lebendige IKEA-Gründer Ingvar Kamprad ein ähnliches Schicksal erleiden – obwohl „leiden“ hier eindeutig das falsche Wort ist, denn wir befinden uns in einer jener lakonischen und mit schwarzem Humor angereicherten Krimikomödien, für die der skandinavische Film seit etlichen Jahren als sicherer Garant gilt. Als Vorlage für die wunderbar schräge Geschichte diente Regisseur Gunnar Vikene eine Episode aus dem Roman „Saganatt“ („Ein ehrliches Angebot“) des norwegischen Autors Frode Grytten.

EIN MODERNER HIOB

Nachdem durch die Eröffnung einer neuen IKEA-Filiale in unmittelbarer Nachbarschaft das Leben des kleinen Möbelhändlers Harold gänzlich aus den Fugen geraten ist und er wie ein modernen Hiob alles verloren hat, was ihm lieb und teuer war, fasst er einen aus der Wut der Verzweiflung geborenen Entschluss: er will den IKEA-Chef kidnappen, denn Kamprad repräsentiert als fleischgewordenes Feindbild für ihn alles, was er als Kleingewebetreibender verabscheut - Großhandel, billige Materialien und Dumpingpreise. Unerwartete Unterstützung in seinem Plan erhält er durch die sechzehnjährige Ebba, deren rebellisches Auftreten bestens zum zorngetriebenen Harold passt.

DUNKLE PUNKTE AUS KAMPRADS LEBEN

Kill Billy“ ist zwar skurril genug, aber in einer Hinsicht hat alles seine Richtigkeit: wenn Details über Kamprads Leben zur Sprache kommen, stimmen sie tatsächlich. Der knorrige Selfmade-Man gründete bereits mit 17 sein Unternehmen - das war 1943 - und er hat damals offenbar auch mit den Nazis geliebäugelt. Vor einigen Jahren ist er dann außerdem wegen angeblicher Kinderarbeit bei den IKEA-Lieferanten ins Visier der Kritik geraten. Sogar die erwähnte Lese- und Schreibschwäche ist durch Kamprads Selbstaussagen verbürgt.

MEDIALES IDEALBILD

Der kürzlich 90 gewordene Kamprad spielt sich hier übrigens nicht selbst, seine Figur kommt aber - wenn auch in ironischer Brechung - so rüber, wie sich der echte Großunternehmer immer gerne medial präsentiert: einfach, bescheiden, sparsam, fleißig und volkstümlich. Außerdem scheint er (zumindest in dieser Version) ein Mann zu sein, den nichts aus der Ruhe bringen kann. Die Darstellungskunst von Björn Granath lässt diese Rolle zu einem wahren Kabinettstück an Schrulligkeit werden, während Bjørn Sundquist dem aufbrausenden Dickschädel Harold liebenswerte Züge verleiht.

8 von 10 demolierten Billy-Regalen.

franco schedl