Tongsu, ein antriebsloser Filmschaffender, kommt aus dem Kino und bemerkt eine hübsche Frau, in der er die Schauspielerin des Films zu erkennen glaubt, den er gerade gesehen hat. Der unsichere und verängstigte Regisseur scheint das Spiegelbild des Studenten und Protagonisten der ersten Filmhälfte zu sein. Angst vor dem Tod und beruflicher Misserfolg sind die bevorzugten Themen, mit denen sich Hong Sangsoo in seinen Filmen auseinandersetzt, und immer steht dabei das Zweideutige im Vordergrund. Auch in Tale of Cinema taucht die Parallele als Gestaltungsprinzip auf, indem zwei in der selben Stadt spielende Geschichten einander gegenüber gestellt werden oder eine Schauspielerin in zwei verschiedenen Rollen zu sehen ist. Ebenso faszinierend ist das ständige Nebeneinander von Verschleierungen auf der einen und ganz konkreten Hinweisen auf der anderen Seite. Tale of Cinema ist in einem urbanen Umfeld angesiedelt. Hongs Stil ist dabei direkter als in seinen bisherigen Filmen, wie etwa dem wunderbaren Schwarzweißfilm Virgin Stripped Bare by Her Bachelors. Die Konzentration auf bestimmte Orte oder Personen bildet ein Gegengewicht zur Fragmentierung der Erzählung: Hongs Experimentieren etwa mit dem Zoom als Stilmittel unterscheidet dieses Werk von seinen Vorgängern, und Tales of Cinema hat nichts mit den gewohnt fahlen und düsteren Szenen aus den anderen Erzählungen des Koreaners gemein. Tale of Cinema ist ein Film, der das Unbehagen der Zeit nicht einfach unbeteiligt darlegt, sondern ganz im Gegenteil mit seinem rohen, ungeschminkten Ansatz noch verstärkt. (Julien Welter)
(Text: Viennale 2005)
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Details
- Regie
- Hong Sangsoo
- Kamera
- Lim Ohjeong
- Author
- Hong Sangsoo
- Musik
- Jeong Yonjin