Eine «filmische Beichte» hat Ulrich Seidl seine neueste Arbeit genannt. Eine Reihe von Gläubigen im Gespräch mit Gott, den Blick an der Kamera vorbei zu ihrem Tröster und Komplizen Jesus gerichtet, sprechen von ihren großen und kleinen Sorgen, ihren Versäumnissen, Verzweiflungen und Hoffnungen. Ein komischer, berührender und manchmal gnadenloser Film. Keine Bewegung macht die Kamera während der 87 Minuten, die Ulrich Seidls neuer Dokumentarfilm dauert, auf jede Musik wird ebenso verzichtet wie auf einen Kommentar des Autors. Zu Wort kommen nur sechs Gläubige, die jeweils in der Kirche aus halbnaher Distanz frontal in die Kamera, die die Position des Altars oder die von Jesus übernimmt, ihren Dank und ihre Bitten vortragen und dabei immer wieder mit der Formulierung «Jesus, du weißt» beginnen. Unterschiedliche Personen hat Seidl ausgewählt. Ein Jugendlicher beichtet seine sexuellen Fantasien und seinen Wunsch, ein Held zu sein, ein junges Paar schildert seine Beziehungsprobleme, eine Frau mittleren Alters bittet für ihren kranken Mann. Nichts Spektakuläres, manchmal sogar Lächerliches wie die Änderung des amoralischen TV-Programms beichten oder erbitten diese Menschen, für die Jesus die Funktion eines Psychotherapeuten übernommen hat. Ein in seiner Radikalität und Strenge beeindruckender Film, der Gefahr der voyeuristischen Vorführung von Menschen scheint Seidl aber nicht ganz entgehen zu können. (Walter Gasperi)
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Details
- Regie
- Ulrich Seidl
- Kamera
- Wolfgang Thaler, Jerzy Palacz
- Author
- Ulrich Seidl, Veronika Franz
- Verleih
- Filmladen