So einfach, beiläufig und zugleich geheimnisvoll wie der Titel Frau fährt, Mann schläft sind jene Chroniken deutscher Geschichte und Befindlichkeit, die Rudolf Thome seit den 1960er Jahren mit Genauigkeit und Phantasie erzählt. Er ist mit seinen Filmen älter geworden wie das Ehepaar in seiner neuesten Arbeit, das sich entschließt, mit seinen Kindern nach Berlin zu übersiedeln. Im Herzen der Großstadt, am Potsdamer Platz, leben sie in einer Idylle, die keine ist und in die Betrug, Tod, und am Ende die Trennung hereinbrechen. Oder vielleicht die Versöhnung. Während die Männer schlafen, wacht eine wunderbare Hannelore Elsner. Frau fährt, Mann schläft: Das ist wie bei Rote Sonne. Rote Sonne heißt auch nicht so, weil am Ende des Films die Sonne rot aufgeht über dem Starnberger See. Es bedeutet auch noch was anderes. Ähnlich ist es hier. Also hier gibt es einmal das Bild: Sie fährt, er schläft. Und dann wird gefahren am Anfang zur Talkshow. Und am Ende wird sehr viel gefahren und sehr lange gefahren. Die Musik, die im ganzen Film sehr sparsam eingesetzt wird, ist am Ende bei der Fahrt sehr stark. Wenn man das Fahren mal weglässt, geht es hier um Frau und Mann, um eine Ehe. Und in dieser Ehe ist die Situation festgefressen wie ein Motor mit einem Kolbenbrenner. Ausgelöst durch ein Ereignis, nämlich den Tod des Kindes, passiert etwas in dieser Ehe. Und was passiert ist eben, dass sie sich in Bewegung setzt, dass sie anfängt, wieder lebendig zu werden. Etwas Neues für sich zu suchen, und das bedeutet doch Fahren. Man erlebt etwas Neues, man bewegt sich wohin, wo man vorher nicht war. Das sieht man bis zum letz-ten Bild, das dann ausgeblendet wird, wo wir in die Sonne, die sich im Meer spiegelt, aufblenden und die Leinwand weiß wird. (Rudolf Thome im Gespräch mit Gudrun Max und Karlheinz Oplustil)
(Text: Viennale 2004)
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Details
- Regie
- Rudolf Thome
- Kamera
- Michael Wiesweg
- Author
- Rudolf Thome
- Musik
- Katia Tschemberdji