"Wish": Mit Sternenstaub gegen den Wunsch-Diktator

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Diese märchenhafte Disney-Animation überrascht mit einer politischen Botschaft, die sich gegen Totalitarismus richtet.

Wenn einige von euch einen Wunsch frei hätten, würden sie sich bestimmt noch zeitgerecht vor Weihnachten einen neuen Disney-Film wünschen. Moment, der ist ja heuer sogar schon in Erfüllung gegangen – also sucht euch lieber ein anderes Wunsch-Ziel, bevor die gute Fee ihr Angebot wieder zurückzieht!  

Ich bin jedenfalls gerade wunschlos glücklich und bleibe auf jeden Fall beim Thema Disney, um euch zu verraten, was ihr euch vom neuen Werk "Wish" erwarten dürft, das im fiktiven Königreich Rosas auf einer mediterranen Insel angesiedelt ist.

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Ein Monarch hortet Wünsche

Im Mittelpunkt stehen die junge Asha und der heimtückische Herrscher Magnifico. Diesem Monarchen und Zauberer, mit der Originalstimme von Chris Prat, obliegt die Entscheidung, welche Wünsche wahr werden dürfen. Natürlich setzt der Fiesling alles daran, dass er nur solche gewährt, die zugleich für ihn vorteilhaft sind und seine Machtposition nicht gefährden. 

Er ist eben der absolute Herr über die Wünsch seiner Untertan:innen, die er ihnen praktisch abgezapft hat: Nun schweben sie wie blaue Seifenblasen unter der Kuppel seines magischen Chemielabors, um niemals erfüllt zu werden – stattdessen versorgen sie ihn mit böser Energie. 

Doch sobald Asha einen mächtigen Wunsch äußert, wird ihr Begehren durch eine kosmische Kraft in Gestalt eines Sterns erhört. Unterstützt von diesem stellaren Helfer, wagte es das Mädchen, sich gegen den König zu stellen und bricht zu einem großen Abenteuer auf, bei dem auch ein typisches Disney-Tier als Sidekick nicht fehlen darf – diesmal ist es eine freche Ziege.

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Feelgood-Movie mit politischer Brisanz

Der Stern sieht aus wie ein fliegendes Emoji und ist zwar klein, aber oho. Er selber gibt nur Piepsgeräusche von sich, bringt aber andere zum Reden, denn sein Goldstaub, den er ständig versprüht, lässt alle Tiere und sogar Pflanzen mit menschlicher Stimme sprechen – so plappern gleichmal eine Fliegenpilz-Familie drauflos und nutzt die neuerworbene Fähigkeit, um im kommenden Song kräftig mitzusingen. 

Klingt das nicht echt niedlich, nach einem richtigen Feelgood-Movie und harmlosen Musical? Eben nicht, denn diesmal überrascht uns Disney mit politischer Brisanz und einem Lehrstück in Sachen Diktatur und Totalitarismus.  Hier wird in Form einer farbenfrohen Animation aufgezeigt, wie man als Machthaber Misstrauen schürt, ein Klima der Angst erzeugt, Menschen gegeneinander aufhetzt und sie zu willigen Mitläufern macht. Doch auch Widerstand regt sich und die Zeichen stehen auf Revolution.

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Freiheitsstatue als Mahnmal gegen Demagogen

Ganz schön heftige Themen somit und reichlich harter Stoff für einen netten Familienfilm. "Wish" versteht es aber, das alles mit märchenhafter Sicherheit umzusetzen und in oft überwältigend schöne Bilder von großer Symbolkraft zu bannen. 

Dass gerade ein US-Publikum hier nicht nur an weitentfernte Länder denken sollte, in denen Unterdrückung an der Tagesordnung steht, wird in einer besonders eindrucksvollen Szene deutlich: Wenn der Turm des Königspalastes im unheilvollen grünen Licht des bösen Zaubers erstrahlt, wirkt er durch die Metallzacken der geöffneten Sternwarten-Kuppel wie ein Bild der Freiheitsstatue und "Wish" wird so zur unübersehbaren Warnung vor Demagogen vom Schlag eines Trumps 

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Gesangstalent von Ariana DeBose und Chris Pratt

Die Inszenierung haben der Oscar-Preisträger Chris Buck ("Die Eiskönigin", "Die Eiskönigin 2") und Fawn Veerasunthorn ("Raya und der letzte Drache") übernommen. Jede Menge Originalsongs wurden von der Grammy-nominierten Singer-Songwriterin Julia Michaels und dem Grammy-prämierten Musiker Benjamin Rice beigesteuert. 

Der eine oder andere Ohrwurm ist auf jeden Fall dabei und nicht nur "West Side Story"-Star Ariana DeBose kann hier ungebremst losschmettern, sondern sogar Chris Pine singt eigenstimmig. Dieser Score wird garantiert auch den Soundtrack der kommenden Oscar-Gala beeinflussen. 

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Disney feiert sich zum Jubiläum selbst 

Zugleich präsentiert sich Disney auch Feierlaune und zelebriert das 100-jährige Jubiläum des Mausimperiums. So kann es durchaus passieren, dass in der Handlung zum Beispiel Peter Pan auftaucht und etliche weitere Easter Eggs versteckt wurden. 

Der Abspann wird dann vollends zur Figurenparade: Ein legendärer Charakter nach dem anderen zieht an uns vorüber, und in der Post-Credit-Szene gratuliert sich Disney zum großen Anlass dann gleich selbst mit Feuerwerk und Musik - die Kennmelodie "When You Wish Upon a Star" hat immerhin auch als Ideengeber für den aktuellen Film gedient. 

"Wish" ist somit eine gelungene Animation, die beweist, dass Disney auch nach so vielen Jahrzehnten noch nichts von seinem Zauber verloren hat. Da bleibt nur noch ein Wunsch auszusprechen: Alles Gute für das kommende Jahrhundert.

4  von 5 singenden Fliegenpilzen!