"Wir beide" im Kino: Liebe im hohen Alter
Die zwei Seniorinnen Nina (Barbara Sukowa) und Madeleine (Martine Chevallier) haben ein Geheimnis. Die Nachbarinnen führen seit mehreren Jahren eine Beziehung und möchten ihren Lebensabend gemeinsam in Rom verbringen. Während Nina gelassen mit ihrer gleichgeschlechtlichen Beziehung umgeht, schafft es Madeleine nicht, aus ihrer Rolle der trauernden Witwe auszubrechen. Sie scheut sich davor, ihren erwachsenen Kindern von ihren Plänen mit Nina zu erzählen, woraufhin die Beziehung der beiden erheblich leidet. Durch einen Schicksalsschlag wird ihre Liebe auf die Probe gestellt und Nina muss eine weitrechende Entscheidung für ihre Geliebte treffen.
5 Jahre Vorbereitung
„Wir beide“ ist der Debutfilm des italienischen Regisseurs Filippo Meneghetti. Das Drehbuch schrieb er zusammen mit seiner Co-Autorin Malysone Bovorasmy. Auch wenn das Drama zu großen Teilen ein Kammerspiel ist, dauerte es fünf Jahre, die Finanzierung für das Projekt aufzustellen. Die turbulente Vor-Produktion ist dem Film jedoch nicht anzumerken. Mit ruhigen Bildern und einer überraschend routinierten Inszenierung, zeigt Meneghetti eine Welt, die ihm auf dem ersten Blick äußerst fremd zu sein scheint. Die Idee, einen Film über zwei lesbische Seniorinnen zu machen, kam ihm, als er in seinem Wohnhaus zwei Witwen begegnete. Die beiden alten Damen waren zwar nicht homosexuell, aber leisteten sich seit dem Tod ihrer Männer seelischen Beistand – ein Bild, das der Regisseur nicht mehr aus dem Kopf bekam.
Duo
Das Drama besticht vor allem durch zwei fantastische Hauptdarstellerinnen. Barbara Sukowa, die ihren Durchbruch mit den Filmen von Rainer Werner Fassbinder in den 80ern feierte, begeistert durch ihre optimistische Herangehensweise an die zahlreichen Probleme, die ihr das Leben entgegenstellt. Ihr fließendes Französisch mit deutschem Akzent macht die Figur für ein deutschsprachiges Publikum noch greifbarer. An ihrer Seite ist die nicht sehr bekannte, aber dennoch versierte Schauspielerin Martine Chevallier zu sehen. Ihre zurückhaltende Darstellung und ihre zum Teil kindliche Art, eröffnet dem Publikum ein Fenster in die Vergangenheit der Figur, die im Rahmen der Handlung nur subtil beleuchtet wird.
Der größte Schwachpunkt der Erzählung ist die Verzettelung der Handlung mit Kleinigkeiten. Irrelevante Nebenfiguren bekommen stellenweise zu viel Aufmerksamkeit, weshalb das Drama sich in der Mitte des Filmes zu sehr von seinem emotionalen Kern entfernt. „Wir beide“ ist kein Meisterwerk, aber setzt einen talentierten Regisseur auf die internationale Filmkarte. Man kann nur hoffen, dass die Finanzierung seines nächsten Projekts keine fünf Jahre dauert.