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Filmkritik

"Willkommen in Marwen": Wenn erwachsene Männer mit Puppen spielen

Die Spezialeffekte stehen in Robert Zemeckis' Drama der tragischen Geschichte im Weg.

von

Erwin Schotzger
Erwin Schotzger

03/25/2019, 01:21 PM

Die Stadt Marwen besteht nur aus Puppenhäusern. Sie liegt nicht in Belgien, sondern im Vorgarten des Hauses von Mark Hogancamp in dem kleinen Städtchen Kingston im US-Bundesstaat New York. In der Fantasie von Mark (Steve Carell) ist Marwen vom heldenhaften US-Soldaten Captain Hogie und seinen fünf Damen bevölkert. Ken und seine fünf Barbies verteidigen das Städtchen mit viel Action und Feuerkraft gegen eine Gruppe von Nazis, die es auf Hogie abgesehen haben. Am Ende bleiben die Damen immer siegreich, doch die blauhaarige Hexe von Marwen namens Deja Thoris erweckt die Bösewichter immer wieder zum Leben. Es ist ein ewiger Kampf, der um Marwen tobt.

In diese fantastische Puppenwelt hat sich Mark zurückgezogen, nachdem er von fünf Männern fast zu Tode geprügelt worden ist. Seit dem Vorfall kann der ehemalige Illustrator und Comic-Zeichner kaum noch schreiben. Seine Erinnerung an sein Leben vor der brutalen Attacke ist ausgelöscht und existiert nur noch als Erinnerungsalbum. Doch Marwen existiert nicht nur in Marks Fantasie, sondern auch als Schauplatz seiner Fotografien. Demnächst findet sogar eine Ausstellung statt.

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Seine fünf Puppen-Damen entsprechen Frauen aus seinem echten Leben nach der Attacke. Mark liebt Frauen und Frauenschuhe. Seine naive Art, ganz ungeniert zuzugeben, dass er gerne Frauenschuhe trägt und sammelt, hat auch zu dem Hass-Verbrechen geführt, dem er zum Opfer gefallen ist. Darum fühlt er sich selbst an seinem Schicksal schuldig. Mark wagt es nicht, seinen Peinigern vor Gericht gegenüberzutreten wie es sein Anwalt gerne hätte. Lieber bleibt er in seiner sicheren Fantasiewelt.

Doch dann zieht eine neue Nachbarin im Haus gegenüber ein und in Marwen taucht plötzlich eine rothaarige Puppendame auf, die Hogie den Kopf verdreht.

 

Animierte Action steht der tragischen Geschichte im Weg

"Willkommen in Marwen" ist halb Animationsabenteuer, halb Drama über ein tragisches Schicksal. In den animierten Actionszenen mit Captain Hogie und seinen Barbie-Puppen geht es ordentlich rund. Die netten Damen knallen die bösen Nazis regemäßig mit Bomben und Granaten im wortwörtlichen Sinne über den Haufen. Die Protagonisten haben dann Puppenkörper mit animierten Gesichtern der Menschen, die sie im echten Leben darstellen. Diese Animationstechnik hat Robert Zemeckis schon in "Der Polarexpress" (2004) eingesetzt. Während es damals ein wenig schräg war, in jeder Figur das Gesicht von Tom Hanks zu erkennen, erlebt man diesmal ein beeindruckendes Animationsabenteuer: Sofort denkt man an "Barbie Movies", ähnlich den beliebten "Lego Movies".

Es ist ein faszinierender Ansatz, dem Publikum auf diese Art die Traumatisierung und innere Welt von Mark vor Augen zu führen. Noch dazu beruht die Geschichte von Mark Hogancamp auf einer wahren Begebenheit, die bereits 2010 in der Dokumentation "Marwencol" verfilmt wurde.

Aber anders als bei "Forrest Gump", wo die Spezialeffekte weniger im Zentrum der Geschichte standen, entsteht hier auch so manch peinlicher Moment. Einige davon sind durchaus gewollt. Etwa wenn bei Mark kurz die Grenze zwischen seiner fantastischen und echten Welt verschwimmt. Andere eher nicht. So muss bei aller Liebe zu den Frauen als "Retter der Welt" auch festgehalten werden, dass die echten Frauen in Marks Umfeld im Film nicht sehr viel Profil gewinnen. Sogar Nicole (Leslie Mann) und Roberta (Merritt Wever) bleiben als menschliche Figuren relativ flach.

Letztendlich steht diesmal die typische Fixierung auf Spezialeffekte von Regisseur und Drehbuchautor Robert Zemeckis ein wenig der tragischen Geschichte im Weg, die er eigentlich erzählen will.

 

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