"The Old Guard": Charlize Theron als unsterbliche Weltverbesserin

Filmkritik: The Old Guard (2020), Netflix
Der Action-reiche Mix aus Superhelden- und Agentenfilm basiert auf einer Comic-Vorlage von Greg Rucka.

Wer will schon ewig leben? Niemand. Nicht einmal die Unsterblichen. In "The Old Guard" führt Charlize Theron als Andy eine kleine Gruppe von Unsterblichen an, die ihre Superkraft eher als eine Bürde denn als Gabe sehen. Andy ist die Älteste. Schon in der Antike war sie als die Kriegerin Andromache von Skythien bekannt. Heute ist sie eine abgebrühte und nahezu unbesiegbare Söldnerin, die mit ihrer Underground-Truppe versucht, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Doch nach tausenden Jahren zweifelt sie langsam an der Sinnhaftigkeit ihrer Mission.

Zu Andys Truppe gehören noch Joe (Marwan Kenzari) und Nicky (Luca Marinelli), die zum ersten Mal als Feinde während der Kreuzzüge gestorben, aber seitdem ein Liebespaar sind. Der Jüngste ist der rund 200 Jahre alte Booker (Matthias Schoenaerts), der schon für Napoleon gekämpft hat.

 

"The Old Guard": Charlize Theron als unsterbliche Weltverbesserin

Geheimagenten mit Superkräften

"The Old Guard" operiert im Verborgenen. Akribisch versuchen sie ihre Existenz zu verschleiern. Denn unsterblich heißt nicht unbesiegbar. Außerdem können Andy und ihresgleichen durchaus sterben. Nur tot bleiben können sie nicht. Sie heilen immer wieder in einem atemberaubenden Tempo, das selbst den Marvel-Helden Wolverine alt aussehen lässt. Nichts fürchten sie daher mehr als in Gefangenschaft zu geraten.

Zu Recht: Denn der Wissenschaftler Copley (Chiwetel Ejiofor) ist hinter das Geheimnis der Unsterblichen gekommen. Im Auftrag des skrupellosen Konzernchefs Merrick (Harry Melling), macht er Jagd auf die wertvolle Spezies. Merrick will aus ihrem genetischen Code alles Mögliche machen, vor allem aber Geld.

Gerade zu diesem ungünstigen Zeitpunkt taucht erstmals seit 200 Jahren eine neue Unsterbliche auf: Die US-Soldatin Nile (Kiki Layne) erwacht nach ihrem Tod im Afghanistan-Einsatz wieder zum Leben. Die anderen sind mit ihr im Traum verbunden. Während die unsterblichen Krieger von Merrit und seiner Privatarmee gejagt werden, muss Andy nun auch die verwirrte Neue einsammeln und beschützen.

"The Old Guard": Charlize Theron als unsterbliche Weltverbesserin

Actionfilm mit einigen Längen

"The Old Guard" basiert auf der gleichnamigen Comic-Vorlage von Greg Rucka. Neben seiner Arbeit für Marvel und DC ist er vor allem für seine geradlinigen Geschichten bekannt, die sich oft lesen wie direkt fürs Kino geschrieben. Der US-Sender ABC hat kürzlich die Rucka-Serie "Stumptown" verfilmt (hierzulande bei Sky X zu sehen) und Amazon hat schon 2017 eine Verfilmung von "Lazarus" angekündigt. Für "The Old Guard" hat Rucka sogar selbst das Drehbuch geschrieben. Daher wäre durchaus ein solider Actionfilm zu erwarten gewesen. Aber Filme funktionieren eben anders als Comics.

Rucka verzettelt sich oft mit langatmigen Szenen. 125 Minuten dauert der Film, 100 hätten auch gereicht. Diese Längen werden auch von der eher mittelmäßigen Besetzung nicht aufgefangen. Ziemlich platt ist etwa die Performance von Schoenaerts als Booker. Auch die Schurken bleiben blass und klischeehaft. Eindeutige Highlights sind hingegen die Frauen des Films, nicht nur weil sie den Ton angeben: Charlize Theron und Kiki Layne überzeugen in ihren Rollen und liefern auch die besten Actionszenen.

"The Old Guard": Charlize Theron als unsterbliche Weltverbesserin

Die Schwächen des Drehbuchs bügelt leider auch Regisseurin Gina Prince-Bythewood ("Die Bienenhüterin") mit ihrer Inszenierung nicht aus. Auch sie lässt sich zu viel Zeit und orientiert sich eher am Stil von "Mission Impossible" als an dem eines geradlinigen Actionfilms. Nur sind die Actionszenen nicht immer überwältigend, typische Stilelemente des Genres wie etwa ikonische Slow-Motion-Aufnahmen fehlen völlig. Visuell erinnert der Film manchmal an einen generischen Werbefilm für einen internationalen Konzern.

"The Old Guard" hätte ein spektakulärer Mix aus Superhelden- und Agentenfilm werden können. Herausgekommen ist aber nur ein eh ganz netter Netflix-Actionfilm mit einigen Längen. Es bleibt zu hoffen, dass Drehbuchautor und Regisseurin daraus ihre Lehren ziehen. Denn Netflix hat "The Old Guard" als Trilogie geplant. Falls die Comic-Verfilmung also beim Publikum ankommt, sind noch zwei Fortsetzungen zu erwarten.

"The Old Guard" ist bei Netflix zu sehen.